
26. Oktober 2019 – Seetag 5, Mahón/Menorca
Da das Anlegen in Mahón für 13 Uhr vorgesehen war, durften wir länger schlafen. Und ausgiebig frühstücken. Aber erst nach dem üblichen Rundgang auf den Decks 11 und 12. Es war bedeckt. In der Ferne kämpfte sich die Sonne durch die Wolkenberge und sie ließ den Horizont strahlen.
Was sollte auf uns zukommen? Zunächst nach dem Frühstück tatsächlich die Sonne auf Deck 6. Bis der Poolbrunch begann. Nein, vorher mussten wir wieder ganz nach oben, um in der Ferne viel Grün über weißen Häusern bzw. über der Steilküste zu bewundern.
Wir kamen dem immer wieder von vielen als attraktiv bezeichneten fjordartigen Naturhafen von Mahón mit einer Länge von ca. 5,5 km und einer Breite bis 1,2 km immer näher. Dass er attraktiv war, erkannten wir sehr schnell. An diesem Tag war überzeugte er uns ganz besonders. Die Sonne tat dabei ihr Übriges … Sie schien auf die die Einfahrt begrenzenden Felsen. Rechts auf den Felsen grüßte uns der Torre d'en Penjat,
ein zu einer größeren Befestigungsanlage gehörender Wehrturm. Auf der anderen Seite der recht engen Einfahrt zogen einige kleine Boote an uns vorbei.
Mit schneeweißen Segeln auf blau und unter blau. Es wurde eifrig am Segelschein gearbeitet. Von vorne näherte sich uns das Lotsenboot.
Viele auf dem Sonnendeck bekamen nicht mit, welche Überraschung auf uns wartete. Wir sahen weite, sattgrüne Rasenflächen mit Mauerresten eines Forts, begrenzt von der scheinbar nicht bewohnten Ferienhaussiedlung Sol del Este. Die Touristensaison war beendet …
Das die Feriensiedlung nahezu einkreisende Grün konnte weiter wachsen bis im kommenden Frühjahr die Touristen - vorwiegend von den britischen Inseln – einfallen würden.
Nun aber doch die Unterbrechung: Der Poolbrunch „Rund um die Wurst“ wurde eröffnet. Wiener, gegrillte (deutsche) Bratwurst und (spanische) Chorizo. Vor allen Dingen Letztere mein Fall.
Dazu Kartoffel- und sonstige Salate. Schade – es war für die nächsten 134 Tage mein letzter Poolbrunch …
Kurze Zeit später kam ein Argument, warum die Insel sehr gefragt ist. Die von der Hafeneinfahrt abzweigende Bucht Cala Llonga sah einfach einladend aus? Es sollte nicht der letzte zum Wiederkommen verlockende Fleck sein …
Wir hatten keine Zeit, uns an dieser Bucht zu „berauschen“. Eine ganz besondere Insel lag mitten in der Hafeneinfahrt – die Illa del Rei.
Vor der christlichen Rückeroberung Menorcas von den Mauren besetzte 1287 König Alfons III die Insel als Ausgangspunkt für die Kämpfe. Schon vorher war die Insel bewohnt. Davon zeugten Reste einer christlichen Basilika aus dem 6. Jahrhundert. Briten ließen im 18. Jahrhundert auf der Insel ein inzwischen still gelegtes Militärhospital errichten; die Briten nannten die Insel „Bloody Island“. Wies die Bezeichnung auf die Zustände im Hospital hin?
Eine spanische Insel? Briten? Die Auflösung kommt, denn Menorca war von Anfang an ein Spielball der Mächte.
Die ersten Siedlungsspuren lassen sich bis in die Jungsteinzeit zurückverfolgen. Wie üblich ließen es sich Jäger und Sammler auf Menorca mehr oder weniger gut gehen. Als fast im Zentrum des westlichen Mittelmeers liegende Insel fiel sie in das Visier der sich in der damaligen Welt herumtreibenden Völker. Sie – wie die Phönizier und Griechen - suchten neue Handelsbeziehungen und -stützpunkte. Deren Nachfolger – Karthager und anschließend die Römer – kamen nicht mit Handelsschiffen sondern mit Kriegsgaleeren. Ihnen machten die Vandalen den Garaus, wobei sie sich entsprechend benahmen. Wie Schlächter. Deren Unwesen machten die Byzantiner ein Ende. Als nächstes übernahmen die Mauren das Zepter bis die christlichen asturischen Herrscher Menorca befreiten. Übrigens wechselte die Oberhoheit über die Insel auch im spanischen Bereich laufend. Mal waren´s die Mallorquiner, mal die Aragóner, mal die Kastilier, dann die geeinten Spanier. Welch ein Durcheinander … Bevor europäische Festlandmächte ihre Finger auf Menorca legten, trieben Piraten auf der Insel ihr Unwesen. Und nicht nur einige Jahre … Wenn sich eine Nation auf die Seite einer anderen stellte, konnte das Vorteile haben. So war es auch mit Menorca. Die Briten unterstützen die Bourbonen im Spanischen Erbfolgekrieg und erhielten als Dank von den Gewinnern, dem neuen Königsgeschlecht der Bourbonen, Gibraltar und Menorca. Dann übernahm Frankreich die Macht. Für ganze sieben Jahre bis die Briten erneut von einem Friedensschluss profitierten. 19 Jahre fühlten sich die Briten auf der Insel (sau)wohl. Dann kam sie unter die Fuchtel Spaniens und zur Abwechslung für vier Jahre endlich wieder an die Briten. Die hatten wohl einen Narren an Menorca gefressen. So, jetzt seid Ihr erlöst: Seit 1802 gehört die Insel endgültig Spanien. Alles klar …
Englische Spuren kann man auf Menorca immer wieder finden. Zum einen in der Architektur, zum anderen im Nationalgetränk Menorcas, dem Gin. Der englische König ließ zur Aufrechterhaltung der Disziplin der britischen Truppen Wacholderbeeren auf die Insel einführen. An dem neuen Produkt berauschten sich nicht nur die Insulaner … Ein Glück, dass sie sich nicht vom Linksverkehr überzeugen ließen …
Unser Kapitän hielt sich an die vorgeschriebene „Fahrbahnseite“. Wir konnten bereits das Ende der Hafeneinfahrt sehen.
Auf der linken Seite flankierten nicht eintönige weiße, am Fels gelehnte Häuser die Uferlinie. Nein, sie waren mehrfarbig und die unterschiedlichen Höhen sorgten für Auflockerung. Jede Menge Segelschiffchen direkt am Ufer. Auf dem Felsuntergrund oberhalb des Hafens die Stadt Mahón, in der Sprache der Insulaner Maó. Die Häuser vorwiegend weiß mit auffallend roten Dächern. Im Hintergrund eine Fähre. Hinter allem grüne Landschaft.
Zum Glück dauerte es noch ein wenig bis wir anlegten. Wir glitten weiter an den pittoresken, aneinander liegenden Häusern vorbei. Anfangs teilweise nicht sehr gepflegt. Das änderte sich, als der Haupthafen näher kam. Wie an der Punta Cala Figuera.
Diese ehemals Wohnbauten wurden mehr und mehr zu Läden und Restaurants umfunktioniert. Eins neben dem anderen. Dicht an dicht. Aber mit wenig Besuchern. Die Saison war beendet …
Die AIDAcara wurde noch langsamer. Wir näherten uns unserem Bestimmungsplatz. So konnten wir uns noch intensiver die Uferlinie anschauen. Boote, Straße, gemütlich aussehende Häuser. Die auf dem Felsplateau ansteigende Altstadt mit der Església del Carme und der Església de Santa Maria de Maó. Vor dem Kreuzfahrtgebäude ein herrlich aussehender Viermaster – die Star Clipper.
Vorne rechts sah es nicht so toll aus. Die schon von weitem erblickte Fähre an dem Anleger und das mit Diesel betriebene Heizkraftwerk. Also woanders hinschauen. Z.B. zurück – Richtung Illa dén Pinto,
eine von den Briten Ende des 18. Jahrhunderts zu militärischen Zwecken künstlich angelegte Insel. Wo früher die britischen Soldaten schwitzten, fluchen heutzutage spanische Kadetten …
Hatten wir genug von Mahón gesehen? Nein – aber da wir erst mittags angelegt hatten, war die Zeit knapp. Mehr als ein Halbtagsausflug war nicht möglich. Da wir noch nie auf Menorca waren, hatten wir uns für die von AIDA vermittelte „Kleine Inselrundfahrt“ entschieden. Und schon saßen wir mit vielen anderen im großen Bus. Und staunten, nachdem Mahón hinter uns lag. Grün, grün, grün. Wir waren überrascht und hörten, dass das Fehlen von höheren Gebirgszügen dafür verantwortlich war. Winde konnten ungehindert die Insel überqueren und so wird es auf Menorca im Spätherbst und Winter kühl und ungemütlich mit einigen Regentagen. Kein Wunder, dass sich die Vegetation – besonders im Süden – richtig ausbreiten konnte. Ungefähr 40 % der Insel sind bewaldet. Wir erkannten es, als wir an Alaior vorbeifuhren und unser erstes Ziel, den Monto Toro, sahen.
Ein weiteres Markenzeichen der Insel fiel dabei auf: die die einzelnen Felder bzw. Parzellen eingrenzenden Trockenmauern. Insgesamt 20.000 km lang sollen sie auf der Insel sein mit wachsender Tendenz. Seit rd. 30 Jahren stehen sie unter Denkmalschutz – wir sahen also nicht nur einfache Mauern …
Bis wir auf der Spitze des mit 357 m unheimlich hohen Berges ankamen, mussten wir noch einige Kilometer zurücklegen. Auch wenn ich mich wiederhole: Mitten durch das Grün Menorcas. Und durch den Ort Es Marcadal. Dann ging´s kräftig nach oben. Viele enge Serpentinen und während der Fahrt tolle Aussichte auf Ortschaften, Natur und Meer. Der Empfang war außerordentlich. Mit ausgebreiteten Armen grüßte uns Jesus.
Auf dem Sockel des Denkmals „Sagrado Corazón de Jésus“ stehend. Eine Ehrung für die Menorquiner, die bei der Niederschlagung des Aufstands der Rif-Kabylen vor knapp 100 Jahren fielen. Nicht weit von diesem Denkmal verschwanden wir nach einem Blick nach oben in den Eingang zum Patio des Franziskanerinnen-Klosters Santuario de la Virgen del Toro.
Warum der Blick nach oben? Dunkle Wolkenberge schoben sich heran. Und tatsächlich – es tröpfelte auf einmal! Nichts wie hinein ins Trockene! Dabei würdigen wir den lauschigen, liebevoll angelegten Vorhof. Einfach schön, wie die Nonnen die Besucher in die Kirche locken wollten.
Das Kirchlein war schlicht ausgestattet. Eine Stätte der Ruhe.
Bereits die ersten Siedler bauten auf dem Mittelpunkt von Menorca, dem Monte Toro, einen Wachtturm. Einen besseren Überblick konnten sie nirgendwo anders erreichen. Mitte des 16. Jahrhunderts wurden auf den Grundmauern des Turms eine Wehranlage zum Schutz vor den Piraten errichtet. Rd. 110 Jahre später wurde neben dieser Anlage das Kloster gebaut, deren Kirche 1936 als Rache von den Franco-Truppen geplündert und zerstört wurde, da die Menorciner ziemlich als letzte Widerstand gegen Franco geleistet hatten. Nach Kriegsende wurde die Anlage grundlegend erneuert und restauriert.
Ein Blick nach draußen – der Tröpfelbringer hatte sich verzogen. Blauer Himmel, weiße Wolken, Sonne. Ein Grund, sich umzuschauen und die Schönheit Menorcas zu erkennen.
Von dort unten kamen wir – der 219 m hohe Puig Mal ragte aus dem niedrigen Bergrücken hervor. Das Städtchen Es Marcadal brachte mit seinen weißen Häusern herrliche Kontraste zu der vegetationsreichen Landschaft.
Und es gab noch mehr zu bestaunen. Der steinigere Norden. Auch der Blick auf Fornells hatte etwas …
Und als noch der Paraglider über Es Marcadal schwebte … Extra für uns? Unsere Reiseleiterin behauptete es und meinte, dass sie für die Mehrkosten sammeln wollte. Ich entgegnete, dass der Einsatz des Paragliders lt. Ausflugsbeschreibung vorgesehen war …
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