
6. April, Katakolon/Olympia, leicht bewölkt, 18 Grad
Herrlich, heute können wir ausschlafen. Die Bella legt erst um 11 Uhr im kleinen Hafen von Katakolon an. Gemütlich frühstücken und dann an Deck die Ankunft des unbekannten Ortes beobachten, dies ist unser Plan und für den Rest des Tages heißt unsere Devise „An Land gehen und dann schauen wir weiter ...“
In der Ferne tauchen die sanft bewaldeten Hügel auf und der Bootsanleger. Weit und breit kein anderes Kreuzfahrtschiff in Sicht, so scheinen wir AIDAaner wohl die Straßen des winzigen Hafenortes zu fluten.
Beim Blick in die Hafeninfo habe ich gesehen, es gibt dort wirklich nicht viel zu erkunden. An der Mole liegt die Polizeistation, es gibt eine Hauptstraße parallel zur Küste des ionischen Meeres, einen Bahnhof, ein Museum und eine Kirche. Tja, ich würde sagen, alles wie in einem kleinem Dorf bei uns in der Gegend. Eins habe ich vergessen, da gibt es meist ein Lokal, das entweder Zum Ochsen, Zum Hirsch oder Zum Adler heißt. Ich denke mal, ich werde die Namen hier nicht unbedingt entziffern können oder doch? Abwarten! Auf jeden Fall möchte ich was typisch griechisches essen, egal wie das Restaurant heißt. Alte Steine schauen, haben wir nicht vor. Mein Mann grinst, als ich das sage. „Du und die alten Steine. Sei ehrlich, du magst sie doch – vor allen Dingen die Säulen – jetzt wo du so gut Bescheid weißt.“ Vor dem Schiff stehen blitzblanke Busse, die einen Teil der Passagiere ins 40 Kilometer weite Olympia oder zu einem Weingut bringen. Also haben für uns die Ausflügler den Vortritt, nachdem das Schiff für den Landgang freigegeben wird.
Also dann machen wir uns auf den Weg. Die Fischerboote wiegen sich im klaren Wasser, die Netze liegen verzurrt an Deck und es herrscht eine himmlische Ruhe. Wir entscheiden uns, erst mal nach rechts in Richtung Kirche zu laufen.
Eine junge Frau steht an einer Straßenkreuzung mit einem unübersehbaren Schild und jetzt wird es spannend. Mein lieber Mann schaut mich an und sagt: „Komm, wir gehen alte Steine gucken!“ Okay, wir zu der Frau hin und dann gesellt sich ein sehr sympathischer Italiener der Francesco heißt dazu, der aber so was von perfekt deutsch spricht (über ihn habe ich schon im Internet einiges gelesen). Wir fragen ihn, wie lange der Bus fährt, wie lange man Zeit hat in Olympia – alles gefällt uns. Das Ticket ist gekauft, ein blauer Euroschein für uns beide landet in der Kasse und wir bekommen noch die Info, dass wir als Rentner in Olympia einen ermäßigten Eintritt bekommen. „Das war jetzt aber eine tolle Information, da ich bin froh, dass ich meinen Rentnerausweis dabei habe!“ platze ich lachend raus. Ich frage die nette Frau, ob ich ein Erinnerungsfoto von uns beiden haben darf. Sie hat nichts dagegen und freut sich, als ich ihr erzähle, ich werde das Foto in einen Reisebericht einbauen, den ich ins Internet stelle. OLYMPIA wir kommen ...
Vorbei an kleinen Ansiedlungen, bewirtschafteten Feldern und blühenden Wiesen, erreichen wir das Ziel. Ein Glück, die Sonne sticht nicht und so können wir gut die 2 Stunden mit Besichtigung der Geburtsstätte der Olympischen Spiele packen. Die Brücke über ein kleines Flüsschen müssen wir überqueren und dann haben wir es geschafft. Ein Blick auf den Plan verschafft einen Überblick und wir erstehen die Eintrittskarte, ohne das eine lange Schlange ansteht.
Wo gehen wir zuerst hin, erst zu den Ausgrabungsstätten oder erst in eines der Museen? Museum gewinnt und wir entscheiden uns für das Archäologischen Museum. Man schafft in den zwei Stunden nicht beide Museen UND die Ausgrabungen. In der Luft liegt Duft der blühenden Bäume, aber auch ein Hauch von wilden Kräutern. Man hört ein paar Vögel zwitschern, Menschen huschen still zwischen den Ausgrabungen umher – über Olympia hat sich ein Teppich der Ruhe ausgebreitet. Ich bin ganz gefangen von diesem Zauber.
Der Platz vor dem Museum ist so gut wie menschenleer. Einige Fundstücke der Ausgrabungen empfangen uns im Schatten.
Sieht schon mal vielversprechend aus. Im Museum ist es angenehm kühl als wir eintreten. Der moderne Baustiel ohne viel Schnickschnack lässt den ausgestellten Exponaten viel Raum und ermöglicht so die Wirkung auf den Betrachter.
Wenn man sich die Geschichte Olympias anschaut, grenzt es fast an ein Wunder, dass trotz der vielen Zerstörungen durch Menschenhand, Erdbeben und Überschwemmungen noch Stücke der Zeitgeschichte ihren Weg in das Museum gefunden haben. Richtig gelesen mit den Überschwemmungen, das kleine unscheinbare Flüsschen Kladeos, das wir vorhin überquerten, hat jede Menge Schlamm mitgebracht und die Trümmer Olympias damit bedeckt. Eigentlich ein Glücksfall sozusagen, denn die Schlammschicht hat die Überreste sozusagen konserviert und vor Erosion und Plünderung geschützt. Über viele Jahre hinweg wurden bei Ausgrabungen Teilstücke gefunden und hier im Museum zusammengefügt. Auch wenn Teile fehlen, es ist einfach beeindruckend, was wir dort sehen.
Was haben doch die Steinmetze damals geschaffen, wenn man sich die Giebelfiguren anschaut. Die Gesichter ebenmäßig und von einer Schönheit ohnegleichen; die Rüstungen und die Gewänder der Frauen mit dem fließenden Faltenwurf, ich bin hin und weg.
Besonders gut gefallen hat mir der Teil des Ostgiebels des Zeustempels gefallen, mit den mächtigen Figuren. Ich will jetzt nicht alles geschichtliche hier ausbreiten dazu, kann man alles im Internet nachlesen.
Andächtig stehe ich vor Nike des Paionions, was für eine Puzzlearbeit haben die Archäologen dort vollbracht. Der Kopf der Statue wurde im November 1879 weit mehr als 100 Meter vom ursprünglichen Standort entfernt ausgegraben.
Vom Hera-Tempel ist die tönerne Scheibe (Akroter) ausgestellt. Das Teil fand mit seinem riesigen Durchmesser von 2,5 Meter seinen Platz oben auf dem Giebel.
Was mir auffällt, ist die Bemalung. Meint man doch immer, alles wäre schlicht gehalten. Der Hera-Tempel ist einer der ältesten Tempel in Griechenland und wurde ungefähr 600 vor Chr. erbaut. Von dem eigentlichen Tempel, der 50 Meter lang und 18,75 Meter breit war, wurden nach der Zerstörung einige Säulen im 20. Jahrhundert wieder aufgerichtet. Vor der Ruine des Tempels wird Monate vor Olympischen Spielen die Flamme für die Spiele der Neuzeit entzündet. Fackelläufer machen sich auf den Weg um das Feuer zum Austragungsort der Spiele zu bringen – zu Fuß, mit dem Auto, dem Flieger oder Fahrrad, je nachdem wie weit das Ziel ist. Im Fernsehen habe ich schon oft gesehen, wenn zur Eröffnung der Spiele der Fackelträger ins Stadtion einläuft und das Olympische Feuer entzündet, welches zum Ende der Spiele wieder gelöscht wird. In den Vitrinen sind kleine Bronzefiguren zu sehen, ach es gibt so viel hier zu schauen.
Um die Ausgrabungsstätten herum ist alles fein säuberlich mit Bändern abgesperrt, damit die Besucher nicht zwischen den Steintrümmern herum klettern und wohl möglich noch Brocken mit nach Hause nehmen. Ui, das ist im höchsten Maß strafbar. Nicht zu übersehen ist das Philippeion, der Rundbau von dem ein Teil wieder aufgerichtet wurde. Wie winzig erscheint mein Mann vor den riesigen Säulen.
Vom Gymnasium, was natürlich keine Schule war, sondern ein großer Platz, wo sich damals Läufer und Fünfkämpfer auf die Spiele vorbereitet haben. Eine einzige Säule ragt in den blauen Himmel und lässt erahnen, wie es hier einmal ausgesehen hat.
Ein Teil der Werkstatt des Pheidias ist bei den Ausgrabungsarbeiten freigelegt worden.
Der Bildhauer schuf hier die 12 Meter hohe Zeusstatue, die zu den Sieben Weltwundern der Antike zählt. Von außen war die Statue aus Gold und Elfenbein gefertigt und Zeus saß auf einem Thron aus Ebenholz. So wird er auch auf alten Münzen abgebildet. Von der Statue selbst gibt es keine Überreste und meine Phantasie geht auf die Reise … Geschichte hat Geheimnisse, die manchmal unergründlich sind.
Die Zeit drängt und so legen wir einen Zahn zu, um wenigstens noch einige Areale auf uns wirken zu lassen. Also wenn wir ehrlich sind, hier könnte man gewiss einen ganzen Tag oder mehr verbringen. Ich mache ein paar Fotos und dann stehen wir pünktlich am Bus, zurück nach Katakolon.
Dies war der kleine Ausflug nach Olympia - hat sich auf jeden Fall gelohnt und weiter geht im Teil 2 - denn der Tag hatte noch so einiges zu bieten.