
Hoffentlich erlebe ich auch mal mit, wie die Bahnhofsbrücke zusammengeklappt wird, damit die kleinen Ausflugsboote den hintersten "Zipfel" der Kieler Förde erreichen können. Sicher ein interessanter Anblick.
Uih, das sieht ja wieder ganz schön finster aus in Richtung der offenen Ostsee. Ganz rechts im Bild vor dem Schornstein des Kieler Kraftwerks ist übrigens ganz klein die "MSC Preziosa" zu erkennen. Sie hat heute den ungünstigsten Liegeplatz - im Ostuferhafen.
Da warte ich mal lieber noch etwas ab, bis sich diese Wolken wieder verzogen haben und packe inzwischen ein paar Sachen aus meinem Koffer.
Während ich die schwarze Hartschale von ihrem straffen "Gürtel" - dem AIDA-Kofferband mit dem Kussmund-Logo und der Aufschrift "Mit einem Lächeln auf Reisen" - befreie und den Deckel aufklappe, ist meine Gefühlswelt einmal mehr absolut zweigeteilt: Da ist einerseits eine gewisse Traurigkeit angesichts der Gewissheit, dass AIDAluna und AIDAaura in wenigen Stunden wieder in See stechen und ich nicht dabei sein kann. Andererseits bin ich froh, dass ich mich nicht wie so viele andere Gäste schon heute wieder auf den Weg in heimatliche Gefilde machen muss, sondern den Gedanken an meine schöne Reise in mein geliebtes Land Norwegen hier an der Ostsee noch etwas länger nachhängen kann. Mein Zug in Richtung meeresferne Heimat geht erst übermorgen. Bis dahin mache ich mir noch schöne Stunden an der Kieler Förde, wenn auch fernab jeglicher Kussmundschiffe, denn die werden mich heute Abend verlassen … Und ich werde an der Kiellinie stehen und winken - auch wenn es sicher verdammt wehtun wird.
Genug sinniert. Die drohende Wolkenfront ist weitergezogen und so zieht´s auch mich wieder hinaus in den Kieler Sommer.
Wie ein richtungsweisendes Signal glänzt das futuristische Stena Line-Gebäude nunmehr in der Sonne.
Ein "Zeichen"?! Aber unbedingt, denn in diese Richtung zieht´s mich auch dieses Mal wieder - entlang der blauen Linie auf der Kaistraße bis zur Flaniermeile Kiellinie, wo ich mir die Zeit bis zum "Sail Away" der vielen heute im Hafen liegenden Kreuzfahrtschiffe garantiert sinnvoll zu vertreiben wissen werde.
Nach wie vor treffe ich immer wieder Gäste, deren "Kleidungs-Schuh-Kosmetik-und-andere-Urlaubsutensilien-Transportmittel" - sprich: Koffer" - mit den charakteristischen Anhängern mit den vier Buchstaben dekoriert sind. Doch sie laufen alle nur noch in eine Richtung: ZUM Schiff. Das ist der Unterschied zum heutigen Vormittag.
Der Check-In für die anreisenden Aura-Gäste findet heute am Schwedenkai direkt vor dem rautenförmigen Stena Line-Gebäude statt, was schon aus einiger Entfernung an einem kleinen blauen Zelt und den munter im Sommerwind wehenden Beachflags zu erkennen ist. Ob es auffällt, wenn ich - "rein zufällig" natürlich - meine AIDAluna-Bordkarte … Ich könnte ja meinen Daumen "strategisch günstig" mitten auf der Bordkarte postieren … Vielleicht schaut ja gerade in dem Moment mal keiner so genau hin … Und schwups … Ach nein, diesen Tagtraum kann ich wohl vergessen. Es würde garantiert nicht klappen, quasi als "Blinder Passagier" an Bord des kleinen Kussmündchens zu schlüpfen. Wäre ja auch mehr als bedenklich, wenn es so einfach wäre …
Busse rollen an, denen Gäste mit erwartungsfrohen Gesichtern und dem markanten AIDA-Lächeln entsteigen. Koffer werden abgegeben, Reiseunterlagen gezückt und vorgezeigt. Ach, wie gerne würde ich zu diesen Gästen gehören … Dennoch möchte ich mich nicht beschweren: Ich hatte eine wunderschöne Reise mit faszinierenden Destinationen, unvergesslichen Eindrücken und eine tolle Zeit an Bord von AIDAluna.
Nachdem ich AIDAaura steuerbordseitig während meines weiteren Bummels entlang der Kaistraße hinter mir gelassen habe, biege ich am Kieler Schifffahrtsmuseum zum kleinen Museumshafen ab. Von hier aus habe ich nicht nur einen Blick auf die historischen Boote, sondern auch endlich wieder auf AIDAluna und Costa Pacifica. Die hoch aufgetürmten Schlagsahnewolken tun ihr Übriges, um der ganzen Szenerie eine gewisse Dramatik zu verleihen.
Was für ein imposanter Anblick!
Eingerahmt von lauter schönen Schiffen bin ich voll in meinem Element und fühle mich total wohl.
Warum schreit die denn so? Vielleicht, weil ich nichts Fressbares dabei habe, das sie mir stibitzen könnte?!
Da drängt sich doch so heimlich, still und leise von links schon wieder so ein düsteres Ungemach in mein Blickfeld, während ich auf der "Seegartenbrücke" stehe und meine Gedanken hinüber zu AIDAluna wandern …
Es ist 16:30 Uhr und nach dem bekannten "Gong" ertönt die Stimme von Kapitän Tidow nicht nur übers Schiff, sondern wird vom Sommerwind auch zu mir herübergeweht. Er begrüßt die Gäste und weist auf die in rund 30 Minuten beginnende Seenotrettungsübung hin. Hach ja, das reinste Déjà-vu … Als sei es erst gestern gewesen. Dabei ist meine schöne Reise nun schon wieder genau eine Woche her und inzwischen leider auch schon wieder zu Ende.
Während der Durchsage von Kapitän Tidow versteckt sich erst einmal die Sonne. Garantiert nicht vor ihm, sondern vielmehr hinter den schwarzen Regenwolken. Gut, dass sich nur wenige Schritte entfernt eine Art kleines Wartehäuschen befindet. In dem suche ich Schutz, denn schon beginnt es wieder einmal wie aus Kübeln zu gießen.
Der Regenguss ist so schnell vorbei, wie er sich angeschlichen hatte und so kann ich meinen Weg fortsetzen.
Langsam wandern die Zeiger der Uhr auf 17:00 Uhr. Da war doch was … Vor einer Woche um diese Zeit … Und auch heute … Richtig: In wenigen Minuten wird drüben auf dem Schiff der "Generalalarm zur Übung" ertönen. Sieben kurze und ein langer Ton sorgen dafür, dass sich möglichst zügig und auch vollständig jede Menge Menschen, bekleidet mit einer orangefarbenen Rettungsweste, auf Deck 5 einfinden: Zeit für die Seenotrettungsübung, der einzige für alle Gäste verpflichtende Termin einer Kreuzfahrt.
Ihn hier wird diese Übung wohl sicher so gar nicht interessieren: "Der Segler" thront weithin sichtbar auf einer hohen Beton-Stele am Ostseekai. Die perfekte Skulptur für die Stadt Kiel, die auch den Beinamen "Sailing City" trägt. Leider ist der arme Kerl in seinem Bötchen nicht im Besitz eines Segels …
Pünktlich um 17:00 Uhr sorgt das bekannte Signal dafür, dass auch die Spaziergänger am Ostseekai kurz innehalten und ihren Blick auf AIDAluna richten. Nach und nach leeren sich die auf den Sonnenseitenbalkonen bereits in Beschlag genommenen Hängematten. Bücher werden beiseitegelegt, Cocktailgläser abgestellt, Sonnenbrillen ins Haar geschoben. Das süße Nichtstun muss nun für rund 30 Minuten unterbrochen werden.
Manche Gäste standen auch bereits eine Weile mit angelegten Westen an der Reling und verschwinden nun nach und nach im Schiffsinneren, um sich auf Deck 5 zu begeben, das sich nach und nach füllt.
Vorige Woche um diese Zeit bin ich dort drüben angetreten. Selbstverständlich pünktlich. Heute bin ich Zaungast, wie einige andere Gäste links und rechts von mir auch, die die ganze Prozedur interessiert verfolgen. Gerade werden mal wieder ein paar "Nachzügler" ausgerufen. Es ist doch immer dasselbe …
Während ich mich noch wundere, warum an einem offenen Tor im Zaun nach wie vor eine AIDA-Mitarbeiterin mit einer Mappe unter dem Arm steht, braust ein Kleinbus heran. Mehrere Gäste steigen aus - die sicherlich allerletzten Anreisenden. Vielleicht hatte ein Zug Verspätung … Vielleicht ein Flugzeug … Ich werde es nie erfahren. Jedenfalls werden sie zügig abgefertigt und eingecheckt und müssen sicherlich an einer "privaten" Seenotrettungsübung teilnehmen.
Tja, nun dauert es nicht mehr lange und die erwartungsfrohen Norwegen-Reisenden werden das erste "Sail Away" ihrer Tour erleben. Meine Gedanken sind bei denjenigen Gästen, die sich zum gestrigen Farewell-Abend gemeldet hatten, als Stefan Weder die Frage stellte, ob denn jemand die Reise im Anschluss gleich noch einmal machen würde. Haben die es gut …
Auf der Brücke herrscht schon rege Betriebsamkeit, als ich meinen Bummel fortsetze.
Das derzeitige Bild des Ostseekais wird bestimmt von reger Bautätigkeit, die auch noch bis weit ins Jahr 2019 hinein dauern wird. Ein zweites Terminalgebäude wird hier entstehen. Aktuell ist hiervon noch nicht einmal ansatzweise etwas zu erkennen. Überall liegen Baumaterialien, Schotter und der Belag des Parkplatzes ist an einigen Stellen bereits aufgerissen.
Inzwischen liegt die große "Costa Pacifica" vor mir. Auch wenn mir das, was ich aus verschiedenen TV-Dokumentationen und Reise-Reportagen kenne, nicht unbedingt gefällt und ich wahrscheinlich niemals eines der Schiffe mit dem großen blauen "C" am goldgelben Schornstein betreten werde, so finde ich den Namen dieses Schiffes irgendwie interessant: "Costa Pacifica" - Klingt irgendwie nach was Großem (was sie ja auch wirklich ist mit ihren 290 Metern Länge), nach Abenteuer und großer weiter Welt.
Fortsetzung folgt ...
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