
Dienstag, 8. Dezember, Montevideo/Uruguay
sonnig, 20 Grad, nächste Etappe bis Buenos Aires, 257 Kilometer
Gut, dass wir mal früh ins Bett gegangen sind, denn unser Ausflug Montevideo Stadtrundfahrt und kleine Reise mit Dampfzug begann bereits um 8.45 Uhr. Die Sonne scheint und so steigen wir erwartungsvoll in den Bus. Und wunderbar, es ist sichtlich wärmer als auf den vergangenen Seetag. Unsere Reiseleiterin entpuppte sich leider zu einer Rednerin mit großen sprachlichen Pausen und so bedauerten wir, dass wir eigentlich so wenig über diese so schöne Stadt erfuhren. Sie sprach zwar deutsch und wenn sie nicht mehr weiter wusste kam der Standardsatz: „es funktioniert sehr gut oder es ist sehr wunderschön“. Wir haben uns geistig ausgeklinkt und genossen einfach die Fahrt durch die Stadt, vorbei an imposanten Gebäuden. Zum Glück kann ich ja einiges zu Hause nachlesen und ergänzen. Schauen wir mal, was dabei rauskommt. Man kann nicht immer Glück haben mit den Reiseleitern und so ärgern wir uns auf keinen Fall - bringt nichts.
Montevideo, die größte Stadt Uruguays mit rund 1,4 Millionen Einwohnern, ist gleichzeitig auch die Hauptstadt dieses Landes. Erster Haltepunkt, der Plaza Independica, Platz der Unabhängigkeit. In der Mitte ein riesiges Reiterstandbild, das den Nationalhelden Jose Gervasio Artigas zeigt. Ich komme mir richtig klein vor, als ich davor stehe. Unterhalb des Denkmals ist ein Mausoleum, in dem sich die sterblichen Überreste dieses Helden befinden. Das Teatro Solis (benannt nach dem Entdecker des Rio Platas) ein protziges Gebäude säumt den Platz, ebenso wie der neue Justizpalast . Der 100 Meter hohe, (einstmals höchstes Gebäude Südamerikas im Stil der Zuckerbäckerei errichtet) ist der Palacio Salvo; erbaut im Jahre 1925.
Gut gefallen haben mir die verglasten Fronten einiger Gebäude, schöne Spiegeleffekte. Riesige türkisfarbene Glasfassaden und an einem Gebäude bestückt mit vielen Klimaanlagen, die wie Vogelnester an der Front kleben. Dicht beieinander treffen hier moderne Gebäude auf das koloniale Flair vergangener Zeiten.
Im Parque Battle y Ordonez, mitten im Zentrum der Stadt, seht dieses außergewöhnliche Bronzedenkmal "La Garretera". Geschafften vom Bildhauer José Belloni, aus dem Jahr 1934. Es zeigt einen Ochsenkarren, der von 6 Ochsen gezogen wir, in Originalgröße, bei dem beschwerlichen Weg durch die Einöde.
Ganz in der Nähe liegt auch das Fußballstation Estadio Centenario, in dem 1930 die erste Fußball-Weltmeisterschaft ausgetragen wurde. Vorbei an verschiedenen Parkanlagen mit weiteren beeindruckenden Bronzefiguren fahren wir durch ein Villenviertel und kommen zur berühmten Rambla. Diese 22 Kilometer lange Promenade, entlang des Rio Platas ist ein zentraler Mittelpunkt – Strände auf der einen Seite und Villen, Bürogebäude, Hotels und Geschäfte säumen diese Straße auf der anderen Seite.
Auf den flachen Felsen im Rio Platas haben sich Vögel niedergelassen und sie scheinen den regen Verkehr hier gewohnt zu sein.
Jogger, Hunde, Fahrräder, Autos, Fußgänger alles friedlich und bewegen sich ohne Hast im Rhythmus einer Großstadt. Wir legen einen kurzen Halt ein. An der Plaza de la Armada legen wir einen Halt ein. Das Denkmal hat eine große Aussagekraft. Schaut man genau hin, sieht man Meschen, Hände, Sterne und Meerestiere. Es symbolisiert den verzweifelten Kampf der Fischer, sich vor dem Untergang zu retten. Acht Militärsegler starben 1954 bei der Rettungsaktion, die Fischer in Sicherheit zu bringen.
Wir fahren noch ein Stück der Rambla entlang und haben einen guten Blick auf die Bucht.
Schade, hier an der Kirche wäre ich gerne ausgestiegen ...
Nächster Halt ist am Parlamentsgebäude, Palacio Legislativo, das im Jahr 1925 eingeweiht wurde. Es beherbergt die Generalversammlung, die Abgeordnetenkammer sowie die Camera de Senatores (Oberhaus der Generalversammlung) und wir extra für mich geschaffen - ich kann eine Foto ohne Menschen drauf machen.
Man steht davor, sieht die breite Treppe hinauf, erblickt die hohen Säulen und dann die Marmorverkleidungen.
Alles ist riesig, die Halle, die Höhe, die gewölbte Decke mit den Verglasungen, sogar die Fahnenmasten vor dem Eingang. Von der Freitreppe geht es hinunter auf einen schön angelegten Platz. Von hier aus hat man einen guten Blick auf das Gebäude, den Torre Antel (staatliche Telefongesellschaft). Vorbei am Prado, nördlich vom Stadtzentrum, fahren wir am botanischen und japanischen Garten vorbei und sehen auch die berühmte Gedenkstatue, die die letzten Ureinwohners Uruguays darstellen, die Charrua.
Der letzte Höhepunkt dieser Stadtrundfahrt ist die Fahrt mit einer historischen Eisenbahn. Der Verein AUAR, Asociación Uruguaya Amigos del Riel, betreibt einen Dampfzug, der uns von Colon aus wieder nach Montevideo bringt.
Wir haben Glück, die Dampflock, die ausgefallen war, fährt wieder und so sehen und erleben wir das „Zugpferd“, die englische Beyer Peacock-Lokomotive 120 in voller Aktion. Die Lok, die von der AUAR (Vereinigung der Eisenbahnfreunde Uruguay) rekonstruiert wurde, nachdem sie bis 1990 in Betrieb war, wird bestaunt. Zwei in Holland gebaute Wagen der Marke Allen mit Platz für 192 Passagiere ergänzen den Zug und wir kommen in den Genuss, ein wenig das Gefühl zu haben – Reisen wie Anno dazumal mit Dampf und stampfenden Geräuschen und einem herrlich klingenden Tuuuuuuuuuuuuuuuut Tuuuuuuuuut. Entlang von Vorstadtsiedlungen, immer wieder mit Blick auf kleine Innenhöfe schmale Straßen, Wasserläufe und winkender Menschen geht die Reise. Nicht verborgen bleibt uns auch die Armut, in der dort Menschen leben so ganz im Schatten der pulsierenden Stadt.
Behausungen der Müllsammler fallen uns ebenso auf, wie heruntergekommene Fabrikgebäude und schlechte Straßenzustände.
Eben ganz anders, wie das glänzende Stadtzentrum. Die Fahrt endet am Bahnhof Montevideo, unterhalb des Gebäudes der Telefongesellschaft. Unser Blick fällt auf das ehemalige alte nicht mehr genutzte Bahnhofgebäude, das 1897 eröffnet wurde.
Die Busse warten auf uns und so geht die Fahrt zurück zum Hafen. Schnell wechsle ich den Akku meiner Kamera auf dem Schiff und wir nutzen die restliche Zeit für den Besuch der Gedenkstätte des deutschen Panzerkreuzers „Admiral Graf Spee“, der 1939 von der eigenen Mannschaft vor der Küste Uruguays selbst in die Luft gesprengt wurde.
Wie auf einer Infotafel zu lesen war, durfte der Kreuzer nach einem Befehl der deutschen Seekriegsleitung dem Gegner England nicht in die Hände fallen. Die Graf Spee lieferte sich ein erbittertes Gefecht mit drei britischen Kreuzern und war, schwer geschädigt, letztendlich in den neutralen Hafen von Montevideo geflüchtet. Bis heute ist das Wrack nicht geborgen, lediglich der Anker ist im Hafenbereich an der Gedenkstätte zu besichtigen. Dieser Bereich im Hafen ist nicht öffentlich zugänglich und so können eigentlich nur die Passagiere der Kreuzfahrtschiffe diese historische Stätte besuchen.
Nach so viel Geschichte besuchen wir noch einen sogenannten „Freßtempel“, die berühmte Markthalle von Montevideo. Der 1868 eingeweihte "Mercado del Puerto" galt lange als schönster Markt Lateinamerikas. Schon von weitem riecht man es, das gegrillt wird und so langsam kommt Hunger auf. Ach du meine Güte, hier ist was los. Im inneren der schmiedeeisernen Markthalle reihen Imbisse, Restaurants und kleine Cafés aneinander. Feuer lodern, Männer stehen mit Greifzangen am Grill und drehen das Grillgut auf der Glut. Würste, Schinken, Steaks und saftige Rinderfilets brutzeln für die hungrigen Besucher. Also wenn wir schon hier sind, lassen wir uns gerne überreden, ein Rinderlomo zu essen.
Ehrlich, man muss es probiert haben, zartrosa und butterweich, nur etwas gewürzt lassen wir uns dieses Stück Rindfleisch schmecken und müssen uns dann noch sputen, rechtzeitig an Bord zu sein.
Die Cara legt um 16 Uhr ab und so bleibt uns noch ein letzter Blick zurück auf diese wunderschöne Stadt am Rio de la Plata.
Die Fahrrinne ist schmal und so geht es ganz langsam vorwärts in Richtung Buenos Aires.
Wir haben noch Zeit, unsere Koffer zu packen und uns frisch zu machen für den letzten Abend an Bord. Im Calypso genießen wir die leckeren Speisen, meine geliebten Hummerschwänze habe ich vermisst und auf Nachfrage erfuhr ich, in Südamerika darf AIDA keine Krustentiere einführen. Na ja, es gab dafür Kaviar zum satt werden. Verschiedenen Sorte, dazu frische Kartoffelpuffer, Creme fraiche und fein geschnittene Zwiebelchen. Als Nachtisch die Obstauswahl, eine riesige Eisbombe und die glänzende Schokoladentorte mit den süßen Marzipanpinguinen. Die Küche war wieder sehr kreativ gewesen, großes Lob.
Ein letztes Mal treffen wir uns mit den neugewonnenen Freunde zum Abschiedssekt, tauschen Adressen aus und packen nach Mitternacht noch den Koffer fertig, damit er pünktlich um 1.30 Uhr vor der Kabinentür stehen kann. Irgendwann am frühen morgen werden wir dann zum Flughafen fahren und ich freue mich, wenigstens bei Tageslicht noch einen Blick auf Buenos Aires werfen zu können - davon erzähle dann im letzten Teil dieses Blogs.
Hier mein Film: https://youtu.be/bS-Ezd7UmBc