Ein Leuchtturm mitten auf dem Land

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Kabinenkategorie
Verandakabine
Reisedatum von
21. Januar 2023
Reisedatum bis
28. Januar 2023

21. Januar 2019

Ein neuer Morgen und eine neue Azoreninsel: Faial. Sie ist mit 173 km² die fünftgrößte der neun Azoreninseln. Auf ihr leben ca. 15000 Menschen, 6500 davon in Horta.

Aber noch ist kein Land in Sicht. Wir legen planmäßig erst um 9 Uhr an. Heute breche ich mit der Tradition. Es gibt keinen frühen Kaffee aus der Maschine und die Runde ums Deck verschiebe ich auch. Dafür gehe ich gleich zum Frühstück. Das Marktrestaurant hat gerade geöffnet. Gut gestärkt für den Tag komme ich rechtzeitig zurück, um das Einlaufen zu verfolgen und die ersten Fotos zu machen. Dann muss ich auch schon zum Ausflug. Meine Tasche habe ich bereits gestern Abend gepackt. Ich gehe also mit Fotoapparat auf Deck 6 uns stelle fest: Die Cara fährt nicht. Zunächst denke ich mir nichts dabei. Schiffe stoppen öfter mal kurz vor dem Hafen, weil der Lotse noch nicht an Bord ist. Vielleicht ist er gerade auf dem Weg zu uns. Während ich warte hole ich meine morgendlichen Runden nach. Ein Lotse ist nicht in Sicht, die Cara hat noch immer keine Fahrt aufgenommen und der Hafen ist in greifbarer Nähe. Es ist zwar kein schlechtes Wetter aber zu der frühen Stunde noch recht frisch. Ich kann ebenso gut in der Kabine warten. Inzwischen ist mir auch klar: Irgendetwas ist nicht so, wie es sein sollte. Mir fällt ein, dass bei ein oder zwei Reisen vor uns auch der Anlauf auf Horta abgebrochen wurde. Bitte nicht! Kaum gedacht ist auch schon der Kapitän in meiner Kabine. Ja gut, nicht er selbst, sondern seine Stimme. Liebe Gäste, es ist jetzt 8.35. Wir können auf Grund der Windverhältnisse leider nicht in den Hafen von Horta einlaufen ……. aber …… wir bereiten derzeit einen Tenderservice für sie vor.

Diese Nachricht löst die unterschiedlichsten Gefühle in mir aus. Zunächst ist da mal große Freude. Es hätte mich geärgert, wenn wir nicht nach Horta kämen. Wann kommt man schon wieder auf die Azoren?

Dann kamen die Erinnerungen. Plötzliches Tendern, das hatte ich schon mal, und auch auf der Cara. Es ist jetzt ca. 7 Jahre her, war in Honnigsvag und es regierte das Chaos!

Und dann stellt sich auch ein beklemmendes Gefühl ein. Ich hasse tendern. In den Momenten ist das Bewusstsein für den eigentlichen Zweck der Boote stärker als die Vorfreude auf den Ausflug. Einen kurzen Moment überlege ich sogar, dass Schiff nicht zu verlassen. Mir bleibt – zum Glück – keine Zeit weiter darüber nachzudenken. Das nächste Kling – und eine nette weibliche Stimme erklärt das Prozedere für die Ausflügler. Es ist 8.40 Uhr. Gäste, die den Ausflug HOR01 gebucht haben – also auch ich - treffen sich um 8.45 Uhr im Theater. Kaum ist die Stimme verklungen klopft es. Eine Offizierin weist mich im Eiltempo auf den Kabinenbrief an der Tür hin, der die geänderten Startzeiten beinhaltet. Da wurde tatsächlich mitgedacht. In der Kabine bekommt man ja sonst nicht mit, dass der Postbote da war. Die Cara ist bekanntlich nicht groß und ich bin pünktlich im Theater. Dort war es noch sehr übersichtlich. Zwei Ausflüge starten zeitversetzt vom Theater aus, die späteren Ausflüge sollen sich wie ursprünglich vorgesehen auf der Pier treffen und müssen in Eigenregie tendern. Ich gehöre mit zu den ersten Gästen des ersten Ausfluges und werde in den Sitzreihen für das erste Boot platziert. Als 100 Gäste beisammen sind geht es auch schon nach unten, ganz gemütlich ohne Gedränge. So organisiert kann also plötzliches tendern auch ablaufen. Wie es die nachfolgenden Gäste erlebt haben weiß ich natürlich nicht. Mittlerweile wurde es im Theater nämlich richtig voll. Und je näher ich der Tenderluke komme stellt sich auch wieder das beklemmende Gefühl ein. Ich bin da wohl die große Ausnahme. Bei allen anderen Gästen drehen sich die Gespräche in Sachen tendern nur um mögliche Wartezeiten.

Für die, die noch nie tendern mussten (oder durften) hier ein kleiner Blick in eines der Boote. Das Bild habe ich mir von der Blu „ausgeborgt“. Dort musste ich 2011 in Ulvik das erste mal, da aber planmäßig, das Transportmittel wechseln.



Ein Crewmitglied weist den Gästen einen Platz zu. Auf einer Bank müssen 4 Personen Platz nehmen, unabhängig ihrer Körpermaße. Die Bänke sind schmal und hart. Irgendwie muss man sich mit dem gegenüber sitzenden Personen einigen, wo man die Beine verstaut. Jede noch so kleine Welle ist zu spüren. Im Ernstfall wird das Boot mit 150 Personen belegt, gefühlt sind 100 schon zu viel. Und dennoch, wenn ich an die Titanic denke, für die Passagiere wäre dieses Boot purer Luxus. Während in dieser Situation in mir der Respekt vor dem Meer und vor der Verantwortung der Kapitäne wächst finden schon die ersten Diskussionen unter den Hobbyseefahrern über den Sinn und Unsinn des Tenderns statt. Dazu aber später. Ich sitze auf der Bootsseite, die als erste aussteigen darf. Da ist sogar noch Zeit für erste Fotos.




Und natürlich auch ein Blick zurück zur Cara.



Schnell ist unser Bus gefüllt und fährt dann auch gleich ab. Auf die Uhr sieht Niemand. Wie angenehm.

Unser Ausflug HOR01 Rundfahrt: Krater Caldeira und Vulkan Capelinhos beginnt vorzeitig.

Wir fahren zunächst entlang der Westküste, vorbei am Yachthafen.



Auch hier gibt es eine Geschichte. Sie hat nichts mit Tränen zu tun, aber wieder mit Wasser. Es ist ein Aberglaube der besagt, dass die Seeleute hier ihre „Spuren hinterlassen“ müssen um für den Rest der Fahrt Gottes Beistand zu bekommen. Deshalb sind überall an der Kaimauer bunte Bilder. Auch Peters Café, dass im letzten Jahr den 100. Geburtstag feiern konnte befindet sich dort. Das Tendern bringt aber auch meine Pläne durcheinander. Hier wollte ich den Nachmittag verbringen und auch einen Blick in das Café werfen, die Zeit ist mir dann aber doch zu knapp.

Unsere Fahrt geht an der Küste weiter.

Der Blick auf die bizarre Steinküste




wird auch hier von weidenden Kühen unterbrochen.



Selbst einen Flughafen gibt es auf der Insel.



Und dann: ein Regenbogen



Nein, eigentlich sogar zwei



Für die schlechte Bildqualität möchte ich mich entschuldigen. Die Fotos sind aus dem fahrenden Bus geschossen. Aber um euch einen Eindruck zu vermitteln reichen sie hoffentlich aus.

Unser Reiseleiter ist auf Zack. Wir fahren – außerplanmäßig – in einen Park. Was gibt es dort Besonderes? Für die einen eine Toilette, für die anderen ein nettes Fleckchen Erde.



Nach der Ansage, dass er diesen zusätzlichen Stopp einlegt, weil die nächste Gelegenheit erst in etwa zwei Stunden ist, nehmen die meisten das Angebot gern an.


Wir fahren weiter zur einsamen Westspitze Faials und kurze Zeit später erreichen wir auch unser erstes geplantes Ziel: Den Vulkan dos Capelinhos. Und er ist erst gute 50 Jahre alt. Seine Geburt fand 1957 statt, er erhob sich direkt aus dem Meer.

Auch früher schon war die Gegend recht ruhig. Nur Fischer, Walfänger und die Leuchtturmwärter lebten hier. Späher hielten nach Walen Ausschau. Im September 1957 merkten sie, dass sich die Meeresoberfläche verändert. Es folgten eine Woche lang Erdbeben und am 27. September 1957 stieg er dann wie Phönix aus der Asche aus dem Meer, etwa 1 km entfernt vom der damaligen Küste. Es entstand eine Insel, die wieder versunken ist. Es folgte eine zweite Phase mit Ausbrüchen. Diesmal blieb das neu gewonnene Land – die Ilha Nova 2 – und wuchs in den nächsten Jahren mit der Küste von Faial zusammen.






In der Nähe befindet sich der Leuchtturm. Er wurde 1903 erbaut, wurde bei dem Ausbruch teilweise verschüttet und existiert wie durch ein Wunder doch weiter.





Lasst die Fotos einmal kurz auf euch wirken. Hättet ihr vor 62 Jahren dort gestanden, von wo ich die Bilder gemacht habe – sorry – aber ihr wärt ertrunken. Der Vulkan nimmt, aber er gibt auch. In diesem Fall 2,5 km² neues Land, und das genau hier.



Fortsetzung folgt

Kommentare 9

  • Die Fortsetzung ist auch wieder gut gelungen! LG Gaby

  • Merkwürdig - die in Wasserurlaub zu lesenden Reiseberichte verstärken die Absicht, bestimmte Ziele zu besuchen. Wie in diesem Fall … Die Mietwagenroute steht damit so gut wie fest - Danke, Prassat, und einen schönen Sonntag

    Achim

    • Hast du eventuell noch ein Plätzchen frei i deinem Mietwagen?

    • Keine Ahnung - es steht noch nicht einmal fest, wann wir in diese Richtung fahren ...

  • Ich kann mich Meerelfe nur anschließen! Danke für den schönen Bericht und die eindrucksvollen Fotos!

    Viele Grüße, ich lese gerne, wie es weitergeht!

  • Einfach klasse! Daumen hoch!


    Vielen Dank, @Prassat, das war wieder ein äußerst interessantes und lehrreiches Kapitel über eine ja doch etwas abgelegene Gegend. Vor allem die Geschichte des Vulkans fasziniert mich. Und dazu die Fotos - wunderschön!


    Ich freue mich schon auf die Fortsetzung.


    Viele Grüße und noch ein schönes Wochenende, Meerelfe :)

  • wenn das alles lese und sehe .... ich MUSS dort auch mal hin.

  • Wie immer, ein sehr schöner Reisebericht. Schon wieder haben wir den gleichen Ausflug (HOR01, Caldeira & Vulkan Capelinhos) gebucht. 😄

    Es ist herrlich, diese Bilder von dir zu sehen. Schade, dass keine Zeit gewesen ist um bei Peter im Café Sport einzukehren. Auch das kleine Museu de Scrimshaw, in der ersten Etage, ist eine Rarität - denn dieses Museum präsentiert eine interessante Auswahl von geschnitzten und gravierten Walzähnen.

    • Dann bin ich mal gespannt, ob wir uns auf der dritten auch für einen identischen Ausflug entschieden haben.

      Es ist einerseits schade, dass der Tag nicht wie geplant lief. Aber ich bin froh, dass es nicht ein Komplettausfall wurde. Ist doch eigentlich nur ein Grund, wieder zu kommen.