
13. Mai 2019
Endlich, es ist soweit: Mutti geht wieder on Tour und diesmal hat das Kleeblatt 4 Blätter und nicht 3.
Die Vorbereitungen für die Reise laufen wie am Schnürchen. Ich habe alle Papiere beisammen, fast. Es fehlt nur noch der Reisepass. Kurze Frage an meinen Mann, ob er wüsste, wo der Pass sei? Antwort: „Schatz, der liegt im Safe und da kommen wir heute nicht mehr dran!“ Meine Augen werden fragend panisch, denn das hatte ich total vergessen. Es ist Dienstagabend und bereits 19 Uhr. Meine Nerven sind innerhalb einer Sekunde fast am zerreißen. „Hilfe, was mache ich jetzt, im Bordmanifest steht die Passnummer. Ob ich das jetzt noch ändern kann, keine Ahnung“, gebe ich kleinlaut als Antwort. Kurz um, ich schau bei MyAIDA rein und welch ein Trost, ich kann es noch umändern auf den Personalausweis. Ui, dass war nun eine völlig unnötige Aktion, denke ich so bei mir.
Mein Koffer ist gepackt, die Tasche auch und jetzt rufe ich erst mal Mutti und später meine Schwester an, wie weit sie denn seien. Mutti ist total entspannt, als ich anrufe. Sie wartet auf mich. „Also gut, wir sehen uns dann morgen“ sage ich zu ihr. Ob ich denn wüsste, wann ich ankomme, fragt sie mich. „Neeee, dass kann ich nicht sagen Mutti, du kennst meine gestörte Beziehung zur Deutschen Bahn. Wenn ich da bin, bin ich da“, vertröste ich sie. Meine Schwester verrät mir, ihr Koffer sei schon gepackt und knalle voll und bei Mutti warten die Sachen auf uns, damit wir morgen ihren Koffer befüllen können.
14. Mai 2019 auf dem Weg zu Mutti
Der
Wecker geht sehr früh, denn in weiser Voraussicht, nehme ich einen
Zubringerzug früher und warte dafür lieber länger auf den ICE.
Einmal ist mir ja schon mal der ICE davon gerauscht, mit meinem
reservierten Platz. So was möchte ich nicht wieder erleben. Welch
ein Wunder, der Zug fährt pünktlich ab. Angenehm überrascht bin
ich schon, 3 mal umsteigen hat prima geklappt – alles im Plan, aber
dann muss ich doch auf dem letzten Bahnhof geschlagene 20 Minuten auf
den Anschlussbummelzug warten. Gottseidank gibt es ja Handys und so
informiere ich meine Schwester, sie solle mich später am Bahnhof
abholen. Als ich aussteige, lacht sie nur … „du und deine
Zugfahrten“ war ihr Kommentar. Ich zeige ihr das kleine Schokoladenstück und meine, da muss noch einiges passieren, ich wirklich deren Freund und Lieblingsgast werde.
Ein Blick auf die Uhr, wir können ja noch einen kleinen Bummel machen und ein paar Kleinigkeiten kaufen – zum Schluss hatte meine Schwester eine neue Handtasche. Wunderbar!! Dann fahren wir zu Mutti und ihre Augen leuchten, als sie ihre zwei Täubchen die Treppe hochkommen sieht. Gemütlich trinken wir einen Kaffee und dann verwandeln wir das Schlafzimmer in ein „Schlachtfeld“, wie sie zu sagen pflegt. Hosen, Pullover, Jacken, Strümpfe, Abendtäschchen und der Hausanzug wandern in den Koffer. „Es ist beruhigend zu wissen, dass ihr den Überblick bewahrt, ich bin so aufgeregt, dass es bald los geht. Vorhin habe ich mir schon Gedanken gemacht, was alles mit muss! Nun ist alles gut“, sagt sie zu uns. Meine Schwester und ich grinsen und fast gleichzeitig rutscht uns raus … „Der Glitzerpulli für den Kapitän ist auch im Koffer!“ Mutti lacht schallend, „hoffentlich ist er hübsch, ich meine den Kapitän.“ Ich habe keine Ahnung, ich kenne ihn noch nicht, das heißt, ich bin mit ihm noch nicht gefahren. Lassen wir uns überraschen. Meine Schwester verabschiedet sich, die Taxe ist bestellt für morgen früh. Mutti und ich machen uns einen entspannten Abend, essen die leckere Hühnersuppe, die sie für ihr Kind gekocht hat. Trinken ein Gläschen Sekt und reden fast bis Mitternacht über alte Geschichten. Der Tag war lang und kaum liege ich im Bett, bin ich eingeschlafen.
15. Mai 2019 es geht nach Kiel
Das gibt es nicht, als mein Wecker klingelt, ist Mutti schon in der Küche und macht den Kaffee. Sie hat sich auch schon gestylt und meint „jetzt aber nicht trödeln, es geht bald los! Ich freue mich schon auf das Schiff und ich denke mal, wir haben die gleiche Kabine wie bei der letzten Reise.“ Ich kann sie beruhigen, die Kabine hinten wieder wie gehabt.
Der Taxifahrer ist pünktlich vor Haustür, wir holen auf dem Weg zum Bahnhof meine Schwester ab. Der Fahrer lacht, als er ihren Koffer in den Kofferraum wuchtet … ich kann mir denken, weshalb. Wenn Frauen reisen, müssen die Koffer immer schwer sein. Wären sie leicht, würde bestimmt ein Drama an Bord ausbrechen. Dies oder jenes fehlt dann einfach und dann stimmt das Outfit wieder nicht oder es sind die falschen Sachen zu Hause im Kleiderschrank geblieben. Wettermäßig müssen wir auf dieser Route jedes mal mit Überraschungen rechnen, Sonne, Regen, kalt und warm. Da braucht Frau schon ein gut durchdachtes Sortiment an Sachen.
Nach einer knappen Stunde, ohne Stau, erreichen wir den Bahnhof und es ist noch Zeit für einen Kaffee. Mutti will keinen, sonst fühlt sie sich so „aufgeorgelt“, sie hatte zu Hause schon einen getrunken. Ein Wasser tut es auch. Ich kaufe noch ein paar Neuausgaben der Regenbogenpresse, auch Friseurzeitschrift genannt. Da hat sie was zu lesen, was die gekrönten Häupter treiben und ist wieder auf dem laufenden mit dem ganzen erlauchten Kreis. Mit Bedacht habe ich einen Zug gewählt der durchfährt bis Kiel. Umsteigen, rennen und wenn dann noch ein Fahrstuhl ausfällt, wäre eine mittlere Katastrophe und so was brauchen wir nicht. Die Fahrzeit verstreicht schnell und als der Zug in Hamburg hält, meint Mutti, „aber wir fahren heute nicht hier ab oder?“ „Nein, wir fahren nach Kiel. Dort waren ja schon mal zusammen“, sage ich beruhigend zu ihr. Mit 89 darf man ruhig mal etwas durcheinander bringen, das ist doch okay finde ich. Schließlich ist sie ja schon ab Hamburg, Warnemünde und Kiel mit einem AIDAschiff auf Reisen gegangen.
In Kiel
angekommen, heißt es für Mutti … marschieren. Unser Wagen ist am
Ende des Zuges und so müssen wir ein ganz schön langes Stück
laufen, bis wir den Ausgang des Bahnhofs erreichen. Kurze
Verschnaufpause für alle. Ich habe 2 Gepäckstücke, die ich ziehe
und meine Schwester ihr Ungetüm von Koffer und Mutti an der Hand. Es
klappt alles gut und dann erreichen wir das Hotel direkt am Bahnhof.
„Herzlich willkommen, ich hoffe, sie hatten eine gute Anreise“, so werden wir begrüßt. Mutti gleich: „alles hat geklappt!“ Was aber noch nicht klappt, ist der Bezug des Zimmers. Es ist 12.45 Uhr und das Zimmer wird erst gegen 14 Uhr fertig gerichtet sein. Gerne können wir unsere Koffer an der Rezeption deponieren, wir Kinder schauen uns an und nicken uns verschwörerisch zu. „Mutti, wir gehen in den „Blauen Engel!“ Sie überlegt kurz und meint, da gab es mal einen Film mit dem gleichen Namen und da hat doch die Marlene (Dietrich) mitgespielt. „Genau und in dem Restaurant gibt es schöne alte Fotos zu sehen“. Also laufen wir los. Herrlich, die Sonne scheint, ein paar Urlauber laufen umher, Menschen kommen über eine Brücke auf uns zu und wir suchen uns einen windgeschützten Platz im Außenbereich des Lokals. Zum Glück haben wir unsere Sonnenbrillen dabei und so lässt es sich gut aushalten.
Ein Blick auf die Karte,
Mutti möchte eine Cappuccino haben, ebenso wie meine Schwester. Ich
wähle ein Gläschen Pfälzer Wein und dann sitzen wir dort und
genießen den Blick auf den Platz vor der Brücke.
Der Capuccino kommt, Mutti leert die zwei Tütchen Zucker hinein und rührt vorsichtig um, damit das Milchschaumkunstwerk nicht zerstört wird. Der erste Schluck und sie platzt heraus „Kinder, der ist so stark, dass sogar die Vorfahren auf dem Friedhof davon auferstehen!!!“ Ich muss jetzt nicht beschreiben, was danach los war oder? Gelächter ohne Ende – so ist sie, unsere Mutti. Immer für einen flotten Spruch zu haben. Manchmal überlege ich, wie sie das schafft, so spontan eine Antwort zu finden. Ich glaube, der Seniorenkreis trägt viel dazu bei, dass sie so auf zack ist.
Kurz vor zwei marschieren wir über den Platz zurück zum Hotel. Die zwei Zimmer sind fertig und Mutti auch. Jetzt ist ein Mittagsschläfchen fällig. Hunger hat sie keinen, denn das Brötchen während der Zugfahrt war recht deftig und um 18 Uhr wollen wir ja essen gehen. Meine Schwester und ich verkrümeln uns in – richtig, City, ein wenig Läden schauen und Fotos machen. Rechtzeitig sind wir zurück, Mutti hat sich erholt und wir gehen in das Pasta-Restaurant gegenüber vom Bahnhof. Das Prozedere der Bestellung kennen wir, aber irgendwie sind wir nicht wirklich hungrig. Picken im Salat herum, Mutti meint nur, die sehr al denten Nudeln seien etwas Kautraining, aber die Soße total lecker. Ein kleines Bier wird ihr heute genehmigt und beim Nachtisch (ein Kokosgebäckteil) sagt sie trocken „Kinder, da kann ich mich echt durchbeißen. Probiert mal!“ Also gut geschmeckt hat es schon, ein wenig hart, aber wir lassen keinen Krümel zurück, bezahlen und meine zwei suchen ihr Zimmer auf. Ich hänge etwas am Bahnhof herum und warte auf den Zug, mit dem meine Tochter angereist kommt. Der Zug ist pünktlich und das Kleeblatt ist komplett. Viel unternehmen wir nicht mehr, wir sind einfach müde und sagen bald gute Nacht in Kiel.
16. Mai 2019 Abreise in Kiel – Herzlich willkommen an Bord von AIDAluna
Ohne
Frühstück läuft nichts bei Mutti. Im Hotel ist es fast wie auf
AIDA, Mutti erkennt den Frühstücksraum und bedient sich am Buffet.
Man weiß ja nie, wann wir das nächste mal essen werden. Das Zimmer
dürfen wir bis 12 Uhr belegen, aber um 10.30 Uhr stehen wir samt Gepäck vor der Rezeption und der Taxifahrer (der Arme) verfrachtet
unsere 4 Koffer in sein Fahrzeug. Ich glaube, er kennt das, wenn
Frauen reisen
Für 6.80 Euro fährt er uns vier zur Anlegestelle
der Luna. Diesmal können die Taxen nicht direkt bis zum Eingang des Terminal fahren und so haben wir gleich die Möglichkeit genutzt, Mutti und ihr Schiff zu fotografieren.
Leider können wir noch nicht einchecken. Ist nicht so
tragisch, die Halle ist sehr angenehm und so warten wir einfach. Ich kann in Ruhe nochmal den Kussmund fotografieren.
Von Deck 3 aus muss Mutti nun aber flott den Weg bis zum Fahrstuhl nehmen und hochfahren zu Deck 7 und dann bis ganz achtern zu unserer Suite laufen. Unterwegs mosert sie, es ist soviel zu laufen. Ich besänftige sie und sage „nachher bis zum Weite Welt-Restaurant ist es nicht so weit für dich!“ Sie lächelt uns an.
Die Kabine ist noch
unaufgeräumt, aber wir können schon mal unsere Jacken unterbringen
und die Wertsachen in den Safe legen. Der freundliche junge Mann vom
Housekeeping versichert uns, dass die Kabine bald gemacht ist und so
können wir jetzt alle Termine machen, die in den nächsten Tagen
anstehen.
Als wir
in Richtung Suite laufen, sehen wir, die Koffer sind da.
Auf dem Bett
liegen jede Menge Karten und Briefumschläge, „Post für die
Chefin“ kommt es aus Muttis Richtung. Sie setzt sich auf das
Bänkchen vor dem Bett und schaut zur Balkontür raus. Wir drei
fangen an, die Koffer zu leeren. Es sieht innerhalb einer Minute so
aus, als wäre hier ein Hurrikan durch gerast. Auf den Betten verstreut
Kleidungsstücke und um das Bett herum wild durcheinander das
Schuhsortiment. Beim Bad sind wir uns schnell einig, wer was wohin
legt und nach einer knappen halben Stunden sieht es ganz manierlich
aus in unserem Zuhause auf See.
Es ist Zeit für ein kleines Nickerchen und danach ertönen die grellen sieben kurze und ein langer Pfeifton aus dem Lautsprecher. Rettungsweste anlegen und ab geht es runter auf Deck 5 zur Sammelstation Y. „Oh, wir können ja gar nicht den Fahrstuhl nehmen!“ klingt es entsetzt aus Muttis Mund. Das kennen wir ja schon und mit etwas Mut zureden, schafft sie die 2 Etagen auf der Treppe runter. Unten stehen Stühle und sie kann während der Rettungsübung sitzen. Ein kleines Mädchen steht bei uns in der Reihe und heult wegen der Weste. Mutti schaut sie an und nickt ihr freundlich zu. Die Kleine verstummt und lächelt zurück. Der Vater ist sichtlich erleichtert. Alle sind vollzählig und nach der Durchsage können wir den Fahrstuhl benutzen. Rettungswesten werden im Schrank verstaut und jetzt wird sich schick gemacht. Es geht nachher ins Rossini und darauf freuen wir uns.
Meine
Schwester bringt die kleine Lautsprecherbox in Position und die
Jüngste schenkt den eisgekühlten Champagner in die Kelche und dann
heißt es „Sail away“ in Kiel.
Es geht jetzt 377 Seemeilen (698)
Kilometer nach Oslo, wo wir morgen Abend um 22 Uhr eintreffen werden.
Somit haben wir einen ganzen Tag auf See, wie toll.
Im
Rossini bekommen wir einen schönen Tisch und der Gaumengenuss kann
beginnen. „Kinder, was die hier auf die Teller zaubern ist Klasse.
Schaut euch mal diesen Nachtisch an. Man traut sich fast nicht, ihn
aufzuessen!“ sagte Mutti zu uns.
Ja, das stimmt, alles sieht so
schön aus und als der Koch zum Schluss an unseren Tisch kommt,
bedankt sie sich für das feine Essen heute Abend. Ich schau noch mal raus, denn denn die Sonne verabschiedet sich mit berauschenden Farben.
Auf die
offizielle Begrüßung durch Hotel Direktor Manfred Meyer und
Entertainment Manager Dominik Meisterfeld auf dem Pooldeck hat Mutti
nicht viel Lust und möchte lieber auf die Kabine und noch etwas
Fernsehen, bevor sie sich für die Nacht richtet. „Ist okay, wir
bringen dich runter und dann gehen wir aufs Pooldeck“, sage ich zu
ihr. Als ich später auf das Pooldeck komme, herrscht dort gähnende
Leere. Die Party wurde ins Theatrium verlegt, es ist zu kalt. Also
Jacke wieder auf die Kabine gebracht und ab geht es auf Deck 10.
In der AIDAbar spielt die Band „Soul
Machine“, wir verweilen etwas und auf dem Weg zur Kabine bleiben
wir in der Almhütte hängen beim Karaoke. Na, da war Stimmung
angesagt und manche Passagiere haben echt gut gesungen. Beim letzten Lied habe ich doch grinsen müssen ... Griechischer Wein in der Almhütte ...
Mutti ist noch wach, wir erzählen, was wir getrieben haben und dann legen auch wir die Füße hoch, schicken Fotos per Handy auf die Reise. Mein Buch schlage ich nicht mehr auf, müde .. Gute Nacht und morgen können wir ausschlafen!!!
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