Nachfolgend nun mein Reisebericht unserer Tour mit der NCL Jewel. Mangels Zeit ist er leider nicht ganz so ausführlich geworden wie geplant.
Kalte Karibik – Reisebericht Norwegian Jewel 28.2. bis 7.3.2010
"Kalte Karibik" ist natürlich Unsinn, wenngleich sowohl Fremdenführer als auch Einheimische berichteten, es sei in der Region Florida und südlicher davon der kälteste Winter seit Beginn der Aufzeichnungen gewesen. Konkret stellte sich das so dar, dass wir die tiefste Tagestemperatur mit 18°C in Miami hatten. Durchweg begleiteten uns auf unserer Reise aber viele Wolken und ein frischer, böiger Wind.
Ich möchte in meinem Bericht bewusst nicht jedes Restaurant und jede Bar aufzählen, auch das Konzept des Freestyle-Cruising und weitere Details kann sich jeder auf den einschlägig bekannten Internetseiten anschauen.
Anreise / Miami Beach
Vor der Kreuzfahrt hatten wir noch drei Nächte in Miami Beach eingeplant, also ging es am Morgen des 25.2. von Düsseldorf via Zürich auf gewohnt angenehme Weise mit der Swiss nach Miami. Aufgrund der streikenden Fluglotsen in Frankreich und einem dadurch bedingten "Umweg" hatten wir mit 11 Stunden eine recht lange Flugzeit. Wir dockten in Miami am sehr stylischen neuen Terminal J an, die Einwanderungsprozedur ging diesmal so schnell wie nie. Danach schnell ins Taxi und Richtung Miami Beach gefahren. Da es ja schon etwas später war konnte man vom Mac Arthur Causeway aus leider keine Kreuzfahrtschiffe mehr sehen.
Als Hotel wählten wir das Hilton Bentley Beach. Das Hotel liegt am Anfang des Ocean Drive und in erster Strandreihe. Soweit ich in Erfahrung bringen konnte verfügt es ausschließlich über Suiten. Ein sehr empfehlenswertes und nicht zu großes Hotel in guter Lage. Das Art-Deco-Viertel erreicht man zu Fuß in fünf bis zehn Minuten, der Fußweg zur Lincoln Road dauert schon etwas länger. Die zwei vollen Tage in Miami Beach haben wir größtenteils zu Fuß bewältigt, sind aber zur Bayside Mall mit dem Bus gefahren. Mit knapp 15 Minuten Fahrtzeit ging das doch deutlich schneller als erwartet, zudem man auch nicht umsteigen musste. Die Lage des Hotels (101 Ocean Drive) ist übrigens für Kreuzfahrtschiff-Liebhaber sehr reizvoll: Zumindest unser Zimmer hatte einen ungehinderten Blick auf die Hafeneinfahrt und ein kurzer Fußmarsch bringt einen direkt zur "Hafenpromenade". Hier fahren einem die Kreuzfahrtschiffe fast schon über die Füße.
Einschiffung
Nach einem rasanten Taxi-Ritt kamen wir gegen 11.30 Uhr am NCL-Terminal in Miami an. Im gesamten Kreuzfahrthafen wuselte es ordentlich hin und her, denn fünf Schiffe hatten an diesem Sonntag Passagierwechsel: Norwegian Jewel, Carnival Glory, Carnival Valor, Celebrity Constellation und Liberty of the seas. Nachdem die üblichen Formalitäten erledigt waren, konnten wir im Grunde direkt durchgehen auf die Norwegian Jewel. Kreuzfahrt- und Hoteldirektor standen an der Gangway und begrüßten fröhlich jeden neuen Gast und eine kleine Kellner-Parade überreichte ein Glas Willkommens-Sekt – das fing ja schon mal gut an.
Gästestruktur
Recht schnell fiel uns die sehr junge Altersstruktur der Gäste auf. Viele Familien und sehr viele junge Leute – die ersten Ausläufer der Springbreaks waren schon zu spüren. Die "Springbreaker" sind jedoch lediglich dadurch aufgefallen, dass sie dauerhaft einen Whirlpool belegten, ständig mit Bier-Körbchen unterwegs waren und jeden Abend eine Menge Spaß in der Karaoke-Bar hatten. Von Randalierern oder lautem Gegröle keine Spur. Auf dieser Reise war es leider durchweg eine etwas ältere Klientel, die durch negatives Benehmen auffällig wurde: Rücksichtsloses Gedrängel am Buffet, hemmungsloses Rumgematsche in den Auslagen und kollektives Reservieren von Liegen waren Eindrücke, die wir bisher auf einem US-Schiff nicht hatten. Ich vermute mal ganz vorsichtig, dass das Freestyle-Konzeot zumindest bei Karibik-Reisen eine Klientel an Bord anzieht, die sonst auf keinem Schiff willkommen wäre
Es war aber auszuhalten, nur eben etwas ungewöhnlich.
Eindruck vom Schiff
Die gesamte farbliche Gestaltung der Innenbereiche stimmt einen ganz wunderbar auf "Urlaub" ein – ich hatte Anfangs etwas bedenken, ob das nicht alles zu bunt wirken würde, zusammen genommen geht aber das Farbkonzept sehr gut auf. Die öffentlichen Räume sind durchweg großzügig angelegt, wenngleich die Wegführung manchmal etwas seltsam verläuft. Was ich wirklich vermisst habe ist ein schönes großes und hohes Atrium – eben ein kleines architektonisches Highlight. Das Atrium der Jewel ist lediglich zwei Stockwerke hoch und wirkt insgesamt sehr gedrungen. Wir empfanden den Pflegezustand des Schiffes als exzellent, gerade in den Treppenhäusern hatte man fast schon den Eindruck, der Teppich wäre erst vor wenigen Tagen gelegt worden. Im Buffet-Restaurant "Garden Café" sowie insbesondere im Außenbereich des Buffets (Great Outdoors) mangelte es jedoch durchweg an Sauberkeit. Die Tische wurden zwar schnell abgeräumt, aber nur selten auch abgewischt. Mittags konnte man auf dem Fußboden des Great Outdoors noch Frühstücksreste finden. Ich bin niemand, der mit der Lupe durchs Schiff rennt, aber so augenscheinliche "Überreste" dürften eigentlich nicht sein.
Zusätzlich zum etwas eng wirkenden Theater verfügt die Jewel über eine verglaste Aussichtslounge mit Tanzfläche, die einen Blick zu drei Seiten freigibt (Spinnaker Lounge). Hier wurden abends leider sehr früh die Jalousien herunter gelassen, sodass man nicht einmal den Sonnenuntergang hätte beobachten können. Komisch, auf anderen Schiffen wurden diese Lounges überhaupt nicht verdunkelt.
Die Außenbereiche der Jewel sind insgesamt nicht ganz so üppig bemessen wie auf Schiffen vergleichbarer Größe. Insbesondere die Radiance-Klasse von RCI hat hier deutlich die Nase vorn. Laut Auskunft der Rezeption war das Schiff mit fast 2700 Gästen an Bord mehr als ausgebucht. Springbreak-bedingt waren wohl einige Zusatzbetten in Benutzung
Man hat dem Schiff die hohe Anzahl an Gästen deutlich angemerkt, eigentlich konnte man es immer als "sehr voll" bezeichnen. Insgesamt muss man schon sagen, dass die öffentlichen Bereich der Radiance-Klasse schon "luftiger" und angenehmer gestaltet sind.
Gastronomie und Service
Bekanntermaßen verfügen die NCL-Schiffe über eine große Auswahl verschiedenster Restaurants. Wir haben auf dieser Reise neben den Hauptrestaurants und dem Büffet-Restaurant das "Mamas Italian Kitchen" als einziges zuzahlungspflichtiges Restaurant ausprobiert. Der Grund dafür: Uns hat es in den Hauptrestaurants einfach zu gut gefallen und wir sahen keine Notwendigkeit, andere Restaurants auszuprobieren
Was das Essen in den Hauptrestaurants angeht können wir im Vergleich zu unserer letzten Reise mit RCI (Mariner OTS, April 2009) nur sagen, dass uns sowohl Auswahl als auch Geschmack bei NCL besser zugesagt haben. Dies gilt ebenfalls für das Angebot im Büffet-Restaurant. Was den Service angeht scheint man hier mittlerweile unter dieselben kleinen Nachlässigkeiten zu leiden wie wir sie zuletzt auf der Mariner OTS erlebt haben. Die Zuständigkeit der Kellner war stellenweise etwas unklar und es wurde manches mal vergessen, im Vorfeld bereits fehlendes Besteck nachzureichen. Mit einem Unterschied zu RCI: Bei NCL ist es dem Personal selber aufgefallen, dass Besteck fehlt, bei RCI musste man dem Kellner selber hinterher laufen... Das Restaurant-Personal war überaus freundlich und machte viele Extra-Wünsche möglich bzw. zur reinen Selbstverständlichkeit. Das Freestyle-Konzept hat und hinsichtlich des Essens mehr als überzeugt und ist ideal für Reisen in warme Gefilde, auf denen man eben doch manches Mal einfach länger an Deck sein möchte. Wir haben es jedenfalls sehr genossen, nicht schon um 18 Uhr im Anzug am Tisch sitzen zu müssen, während es draußen noch richtig schön ist. Für Karibik & Co. wird daher NCL sicherlich zu unseren bevorzugten Reedereien werden.
Personal
Irgendwie liegt es ja in der Natur der Sache, dass man immer wieder mit früheren Reisen vergleicht, ich zumindest kann es mir leider nicht immer abgewöhnen
Ich glaube wir hatten bisher auf keinem anderen Schiff so viele Frauen im Servicebereich wie bei NCL. Dies sei nur mal so dahingestellt. Wenn wir mal unsere bisherigen Kreuzfahrten als Vergleich hinzuziehen so konnten wir am Ende dieser Reise resümieren, dass wir SELTEN eine derart freundliche, zuvorkommende und natürlich wirkende Crew an Bord hatten wir auf dieser Reise mit der Norwegian Jewel. Wir haben hier eine immens hohe, natürliche Dienstleistungsbereitschaft erlebt, wie schon lange nicht mehr. Ich möchte hier keine politische Diskussion lostreten oder irgendjemandem zu nahe treten, aber ich glaube diese positive Ausstrahlung der Crew liegt hauptsächlich in der großen Anzahl asiatischer Crew-Mitglieder begründet. Diese Menschen haben einfach eine positive Ausstrahlung – ihre Kollegen aus Osteuropa wirken da leider immer viel ernster ![]()
Unterhaltung
Endlich gab es mal wieder eine vernünftige, sehr gute Live-Band an Bord – dass man sowas nochmal erleben durfte. Aber auch die anderen (Solo-)Musiker waren während dieser Reise der reinste Genuss. Im Theater wurden drei Production-Shows gezeigt: Band on the run, Country Gold und Cirque Bijou. Auf letztere haben wir verzichtet, da ich mir persönlich diese langatmigen artistischen Darbietungen am Trapez nicht antuen wollte
Die anderen beiden Shows waren duchweg sehens- und hörenswert und stellten eine willkommene Abwechslung zu den Shows anderer Reedereien dar (dort sieht man ja leider immer nur Musical-Highlights und dergleichen...). Zu den Production-Shows gesellten sich die Darbietungen eines Comedians und eines Zauberkünstlers. Letzterer würzte seine Show mit einer ordentlichen Portion Humor, das kam wirklich sehr gut an. Schön war, dass er in einer separaten "kleinen" Show in der Spinnaker-Lounge einige grundlegende Tricks genau erklärt hat und sich über die Schulter hat schauen lassen.
Sonstiges
Für 55 USD pro Nase bietet NCL jedem Gast eine "Behind the Scenes"-Tour am Seetag an. Besichtigt werden neben der Brücke auch die Küche, das Theater (Technik und Backstage) und die Provianträume. Unsere Route war Miami - Seetag - Isla Roatan - Belize - Costa Maya - Seetag - Great Stirrup Cay - Miami. Wetterbedingt waren unsere Strandausflüge leider nicht so berauschend, da überwiegend bewölkter Himmel und eine "steife Brise" herrschte. Der zweite Seetag war jedoch überwiegend wolkenlos und sehr heiß. Die von NCL organisierten Strandausflüge waren deutlich zu teuer und der gebotene Gegenwert stand in keinem Verhältnis zum Ausflugspreis. Die "Privatinsel" Great Stirrup Cay kann man sich getrost sparen. Die Getränkepreise an Bord waren wie bei den amerikanischen Reedereien gewohnt nicht unbedingt "billig" aber erträglich. In den Fotogalerien schauen wir schon gar nicht mehr auf die Preise, da wir i.d.R. diese Fotos ohnehin nicht kaufen (da qualitativ meistens unterste Schublade, farblich viel zu überzogen und künstlich überschärft – jaja, man muss mit Photoshop schon umgehen können *gg*).
Zusammenfassend Pro & Kontra zur Norwegian Jewel:
+ angenehm legeres Reisekonzept, das Prinzip "ich kann tun und lassen was ich will" wird wirklich gelebt
+ freundliche und "urlaubsmäßige" Farbgestaltung des Schiffes, Top-Pflegezustand
+ überaus freundliche und sympathische Crew, extrem hohe Dienstleistungsbereitschaft
+ vielfältige Auswahl an Restaurants
+ Essen im Hauptrestaurant abwechslungsreich und lecker
+ großzügiger Außenbereich des Restaurants
+ sehr angenehme Klimatisierung (hatten wir deutlich schlimmer befürchtet)
+ sehr gute Shows und hervorragende Solo-Musiker
- kein architektonisches Highlight, Schiff wirkt dadurch etwas langweilig (vielleicht sollte ich mal die älteren NCL-Schiffe ausprobieren...)
- mangelnde Sauberkeit im Buffet-Restaurant, insbesondere im Außenbereich
- knapp bemessene Außenbereiche
- bei voller Belegung wirkt es auch tatsächlich überall "voll", das ist bei vielen anderen Schiffen so nicht der Fall
Gruß,
Dennis.