
10. Dezember 2021 – Kristiansand
Wir wurden sehr früh wach. Sieben Uhr. Es gab leichte Schiffsgeräusche – Mein Schiff 1 näherte sich langsam dem Kai. Ein Blick aus der Balkontür: Wo war der weiße Überzug von dem Rettungsboot geblieben? Weg – so´n Mist. Es hatte in der Nacht geregnet. Bei dem Kaffeerundgang kam die Bestätigung. Alles nass. So gut wie kein flockiges Weiß mehr … Schade! Später hörten wir, dass wir eine Woche zu spät dran waren. In diesem Zeitraum hatte nahezu andauernder Regen die Schneewüste in Kristiansand beseitigt.
Man schrieb das Jahr 1641. Dem König Christian IV gefiel es, auch als Stadtgründer in die Geschichte einzugehen. Eine Sandebene an der Mündung des Flusses Otra musste in diesem Jahr dazu herhalten. Sand und Christian ergeben eben Kristiansand – okay?! Eine Stadt wurde geboren. Nebenbei erwähnt: Kurz darauf bestimmte er in seiner bescheidenen Art, Christiania zum Leben zu erwecken. Heute ist diese damalige Neugründung als Oslo bekannt.
Kristiansand hatte es in den Anfängen schwer. Unattraktiv, keine Arbeitsplätze – so mussten viele Neusiedler zu ihrem (Un)Glück in die von ihnen nicht geliebte Stadt gezwungen werden. Sie wurde 1682 als Zentrum von Norwegens Süden Bischofssitz. Trotz aller Bemühungen vegetierte sie in den Folgejahrzehnten mehr oder weniger vor sich hin – ab und zu von verheerenden Bränden vernichtet. Aber immer wieder aufgebaut. Erst Anfang des 19. Jahrhunderts wurde die Stadt bedeutsam: Man legte einen Fährhafen an und wurde an den internationalen Verkehr angebunden. Aktuell hat Kristiansand um die 113.000 Einwohner, ist die größte Stadt Südnorwegens, Hauptort des Sørlandet, des Südlands, Universitäts-/ Garnisonsstadt, Bischofssitz und über die hervorragenden Verkehrsanbindungen das südliche Tor Norwegens.
Nach einem zeitigen Frühstück begann unser Ausflug; Fahrt zum Kap Lindesnes. Wir verließen die Stadt und dann kam er. Leichter Regen. Noch einmal: so´n Mist … Und eine herrliche Landschaft, die mit Sicherheit besuchenswert ist. Besonders bei gutem Wetter. Aber wir waren Anfang Dezember dort – wir konnten nicht alles haben …. Unterwegs wurden wir daran erinnert, dass Weihnachten vor der Tür stand. Ein Stern erinnerte uns daran. Nicht der aus dem Stall. Nein, einer auf einem langgestreckten Hügel.
Die Fahrt war an sich abwechslungsreich. Berglandschaften. Wenn wir uns dem Meer näherten, kamen Schären dazu. Buchten mit z.T. herrlichen Sandständen; viele Hütten am Wasser und auch in den Berglandschaften. An steilen Felsen noch immer gefrorene schmale Wasserläufe. Und auf einmal waren wir am Ziel.
Nein, der Vogel oberhalb des Hügels kennzeichnete nicht den Lindesnes fyr. Es handelte sich um das Pax-Monument MS Palatia, das an die 1942 erfolgte irrtümliche Torpedierung des deutschen Frachters MS Palatia erinnerte, auf dem 999 osteuropäische Kriegsgefangene nach Ålesund gebracht werden sollten; 986 Menschen verloren damals ihr Leben.
Vorbei an einer Felsenbucht mit Blick auf die Schären sammelten wir uns im Besucherzentrum, in dem uns Glögg und veganer Bananenkuchen geboten wurde. Beides sehr lecker, obwohl ich nicht auf der veganen Seite stehe. Anschließend gab es einen kurzen Filmvortrag mit Themen rund um den Leuchtturm von Lindesnes.
Dann war es so weit. Wir wollten zum Leuchtturm und
näherten uns dem Aufstieg. Tja, ein bisschen Kalorienverbrennen musste sein …
Der Weg zum Leuchtturm führte moderat steil nach oben. Einige aus dem Besucherstrom wurden langsamer; alle kamen aber an und wurden unterwegs und oben belohnt. Mit tollen Ausblicken.
War das schön … die Anstrengung lag hinter uns … Ach ja, fast hätte ich vergessen zu erwähnen, dass uns Petrus wieder gut gesonnen war. Kein Regen mehr, dafür von Zeit zu Zeit Sonne! Das durchgehend während unseres 1½stündigen Aufenthaltes!
Nun mussten wir uns ein wenig verschnaufen. Der richtige Zeitpunkt – das richtige Motiv – das richtige Fotografierlicht!
Lindesnes Fyr war zum Greifen nah! Ein ganz besonderer Leuchtturm – nicht nur der älteste Leuchtturm Norwegens sondern auch der, der nahe des südlichsten Punktes des Landes stand. Dort, wo Nordsee und Skagerrak aufeinandertreffen. In einer wilden Gegend, wie wir von ganz oben, nämlich vom Rundlauf des Turmes, erkannten.
Fels, Fels und nochmals Fels. Nahe am Wasser. Wenig grün. Kaum Häuser. Was mag man dort bei Sturm und Regen erleben? Möglicherweise waagerecht „fallender“ Regen, der in Blitzesschnelle durch die Kleidung auf die nackte Haut geht. An unserem Besuchstag zu Glück nicht!
Leuchtfeuer gab es am Kap bereits seit Mitte des 17. Jahrhunderts. Zunächst einfache Feuer, später Feuerschalen und dann in dem weißen (s. Foto) überdachten Lampenraum mit Fenstern.
Wir hatten die Möglichkeit, den Turm zu besteigen und erkannten oben, warum es angebracht war, von diesem Punkt aus die Schiffe zu warnen.
Auf der anderen Seite dieser kleinen Landzunge prallte die offene Nordsee an die Felsküste. Nichts für nicht mit starker Motorkraft angetriebene Schiffe, die sich nicht nur bei Sturm vom Land fern halten wollten. Am Rande der Landzunge sahen wir so etwas wie einen Aussichtspunkt. In den für die Norweger unseligen Jahren der Besatzung befand sich dort ein Geschütz; die gesamte Landzunge war von Bunkeranlagen durchzogen, die man besichtigen konnte. Wir nicht – die Zeit fehlte. Uns waren Informationen und Natur wichtiger! Wir sahen sie, nachdem wir uns zum alten Lampenraum hochgekämpft hatten.
Ein wahres Wanderparadies für die, die es lieben, über Stock und Stein vorwärts zu kommen. Wir leider nicht; wir mussten zurück. Ein letzter Blick auf den Leuchtturm
und wir zogen es vor, schnell in den Bus zu kommen. Und siehe da – wenige Minuten nach Beginn der Rückfahrt begann es zu regnen; später zu schneien. Als wir in unserem Etappenziel Mandal ankamen, tröpfelte es noch. Kein Hindernis, einen Spaziergang durch die südlichste Stadt Norwegens und den Geburtsort von Gustav Vigeland zu machen. Also hinein in die Altstadt mit vielen weißen Holzhäusern, vor denen sich Modernes und Althergebrachtes vereinten.
Links von der Haustür das Ladekabel für ein Elektroauto; rechts der traditionelle norwegische Tretschlitten.
Nachdem wir die kleinen schnuckeligen Holzhäuser verlassen hatten, kamen wir ins Geschäftszentrum. Selbstverständlich wieder – dieses Mal höhere – Holzhäuser. Wir gingen in der Gågada. Hä? So, jetzt gibt´s norwegisch für Anfänger. Så: Vi gick i Fußgängerzone. Alles klar ... grins ...
Sie war leer – voller Erbarmen breitete sich unsere Bustruppe in dieser heimeligen Umgebung aus. Zum Stöbern in den Geschäften blieb uns leider nicht die Zeit. Es hieß wieder: Zurück zum Bus! Über die von alten Fischerhäusern begrenzte Elvepromenaden des Flusses Mandalselva
mit Ausblicken auf den auf der anderen Flussseite liegenden Stadtteil Malmøy mit dem futuristischen Buen Kulturhus fanden wir schließlich unseren Ausflugsbus (übrigens ein Doppeldecker, bei dem sich oben alles knubbelte und wir unten zu fünft Platz satt hatten), der uns zurück nach Kristiansand brachte. Nicht direkt zum Schiff sondern zum Weihnachtsmarkt. Der dritte auf unserer Reise …
Klein, aber fein und natürlich mit einer großen Eislaufbahn auf dem Marktplatz vor der Domkirche. Und regenfrei! Die richtige Stimmung kam nicht auf, denn Dunkelheit und Publikum fehlten. Wer wollte, konnte nach dem Besuch des Weihnachtsmarktes mit dem Bus zurückfahren oder alternativ noch ein wenig durch Kristiansand bummeln. Wir bummelten zum inzwischen von Scheinwerfern angestrahlten Fort Christiansholm und anschließend zurück zum Weihnachtsmarkt, der sich mehr und mehr füllte. Damit Zeit für uns, Richtung Schiff zu gehen. Durch festlich illuminierte Geschäftsstraßen
und vorbei am zweitschönsten McDonald´s Norwegens (Der Holzhaus-McDonald´s in Bergen gefiel uns noch besser)
sowie vorbei am Fischmarkt kamen wir zu unserem Schiff.
Was tat sich noch an diesem Abend? Zunächst um 18 Uhr das Auslaufen. Wir entfernten uns langsam vom Kai. Je weiter wir uns vom Land entfernten desto besser gefiel uns die bunte Hafengegend. Sogar der rechts vom Kilden Theater aufragende Silobrocken sah schon freundlicher aus …
Mein Schiff 1 fand schnell die offene See und wir das Atlantik Mediterran. Falls jemand von Euch Fischfreund ist und den gebratenen Victoriabarsch auf der Speisekarte findet – schlagt zu! Es lohnt sich!
Dieser Tag endete richtig gut: Wir fanden freie Plätze in der TUI-Bar, besetzten sie und tranken Mai Tai. Ich zumindest …
11. Dezember 2021 - Seetag 3
Der letzte ganze Tag auf Mein Schiff 1. Ein Gammeltag … Nein, nicht ganz, denn zwischendurch rief auch die Pflicht. Nicht das Futterfassen! Das Kofferpacken …
Aber natürlich nicht von morgens bis abends. Am späten Vormittag gab´s für diese Jahreszeit ein Traumwetter.
Sonnenschein, blauer Himmel. Nicht nur wir schnappten frische Luft. Und beobachteten dabei, wie ein Unentwegter seine Bahnen zog …
Auch diesen Tag beschlossen wir am Abend auf dem Weihnachtsmarkt. Wir mussten vor dem zu-Bett-Gehen unbedingt testen, ob der Hot Aperol noch immer schmeckte! Test bestanden …
12. Dezember 2021 - Bremerhaven
Schon wieder das Anlegen verschlafen! Egal – beim Einlaufen in die Weser hätten wir sowieso nichts gesehen. Es war zu dunkel …
Den Morgenablauf des letzten Schiffstages muss ich nicht schildern. Es ist immer dassselbe und allgemein bekannt. Frühstück … Àpropos Frühstück – ein Erlebnis hatten wir noch! Wir hätten nicht gedacht, dass auf dem Schiff Analphabeten unterwegs waren. Auch im Anckelmanns gibt es Tische, die nicht besetzt werden sollten. Mit einem Schild „Diesen Tische bitte freihalten“. Wenn man sich an diesen Tisch setzt, muss man des Lesens unkundig sein. Wir erlebten es an unserem Nebentisch – das Schild wurde ignoriert … Schade eigentlich, dass niemand der Besatzung zum Abschied die Keule herausholte.
Was erwartete uns sonst noch im Bremerhaven? Regen … und der war ganz schön stark!
Tja, eine Woche zuvor hatte es uns besser vor dem Columbus Cruise Center gefallen …
Ein kurzes Fazit zu dieser Kreuzfahrt: Wir denken an eine Wiederholung!
Zum Schluss einige Anmerkungen zum Hygiene-Konzept von Mein Schiff:
- Im Großen und Ganzen klappte es. Einige Ausnahmen mit den Analphabeten und den Egoisten hatte ich bereits geschildert; die Bewertung des Procederes vor dem Betreten des Schiffes findet Ihr im ersten Teil dieser Berichtsfolge.
- Ein weiterer Schwachpunkt – aber nur vereinzelt – waren die Aufzüge. Wir hätten uns ab und zu Ansagen seitens der Führungskräfte gewünscht. Hinweisschilder auf eine Maximalbesetzung wären auch angebracht gewesen.
- Maskenpflicht im Innenbereich und Außenbereich wurde weitestgehend eingehalten. Bemerkenswert: Uns fiel auf, dass im Freien auf Deck 14 sehr viele Passagiere Masken trugen.
- Abstand Buffetrestaurant war nicht immer gewahrt. Aufgrund des Platzangebots im Anckelmanns hatten wir keine Störgefühle.
Ich danke für Eure Aufmerksamkeit.
Achim
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