
2. Tag Stockholm
Heute geht es auf zur RIB-Boot-Fahrt.
Wird auch Zeit, denn als Backbordgäste blicken wir seit gestern nicht aufs Wasser und den interessanten Teil Stockholms, sondern unter uns
auf jede Menge Lkw von DB-Schenker und DHL. Bei unserem häufigen Stubenarrest ist uns das auf die Dauer doch zu wenig Bewegung.
Hoffentlich aber ist die RIB-Boot Fahrt jetzt nicht zu viel Bewegung…
Teddy Kaufhof strunzt schon den ganzen Morgen in bekannt ausschmückender Art mit seinen Erlebnissen bei der RIB-Boot-Fahrt im norwegischen Fjord bei Flam.
Ist demnach nur was für ganz Hartgesottene zwingt er sich dabei ein vielsagendes triumphierendes Grinsen ab. Dabei geht sein Blick auf die blaue Tüte vom Regal, auf der verniedlichend „Spuckbeutel“ geschrieben steht.
Aber es soll alles ganz anders kommen… Wir können es kaum fassen. Die beschließen plötzlich, nicht nur diese Tüte, sondern auch den Rucksack, also unser Mobilheim auf der Kabine zu lassen. Und ehe wir dieses unverschämte wie vor allem auch überraschende Vorhaben noch durch irgendwelche eiligen Gegenargumente verhindern können, fällt die Türe ins Schloss und uns die Kinnlade runter.
Aber auch für die kommt es, wohl zur Strafe dafür, erstmal anders. Unten angekommen fällt denen auf, dass man mit dem Rucksack auch die darin befindlichen Reisepässe und den Bogen vom PCR-Test liegengelassen hat. Die übrigens niemals jemand sehen will. Aber man weiß ja nie…
Jetzt muss es wohl schnellgehen. Und nach 3 Etagen und einem 200m-Sprint über den Gang an das Ende des Schiffes erreicht der Träger die Kabine und schnappt sich ebenso keuchend wie schwitzend eiligst den Rucksack, in dem sich nicht nur das Vergessene sondern auch die verhinderten Ausflügler befinden. "Na also, geht doch", grinsen wir überrascht. Und wir sind unendlich dankbar. Dankbar über die Vergesslichkeit unserer Leute…
Nur 7 Leute bilden die Passagiere auf dem Schlauchboot, welches direkt vor dem Schiff schon auf uns wartet.
Erst ganz langsam entfernt sich der Gummiflitzer von unserem stählernen Hotel und zunächst genau auf der Strecke die wir noch von gestern Morgen kennen, als wir in Stockholm eingelaufen sind.
Jetzt aber wird der Gashebel nach vorne gedrückt. Okay, dann doch nicht von mir. Das erledigt mein Personal für mich. Schutzbrillen auf und der Wellenritt beginnt.
Zwischendurch ein kurzer rasanter Schwenk in einen Seitenarm und dann erstmal mit ordentlich Dampf Richtung dem Städtchen „Waxholm“.
Und im Vorbeifahren sogar noch ein bisschen Safari, -wenn auch nur Farb- und Pinselstrich.
Wir haben übrigens den Vogel abgeschossen. Denn während die anderen, unter ihnen auch die Trägerin, wie ein Affe auf dem Schleifstein, trotz gefederten Sitzen, wie früher in den 70ern auf dem Bonanza-Rad hocken,
haben wir es uns mit dem Träger auf der Rücksitzbank bequem gemacht. Da kann man auch bei dem Wellenritt das eine oder andere Foto machen und muss sich nicht dauernd an der Stange vor dem Sitz festhalten.
In Waxholm parken wir an einer schwimmenden Tankstelle ein und haben jetzt 25 Minuten Freigang.
Aber dieses Örtchen gibt auf die Schnelle nicht viel her. So ist ohnehin der Weg das Ziel und vor allem der Rückweg.
Erstmal wird wieder der Staub aus dem Plüschfell geblasen und dann bremst uns eine Geschwindigkeitsbegrenzung aus, sodass wir jetzt langsam durch eine Art Kanal an der Rückseite der Museumsinsel Djurgarden tuckern, auf der wir gestern noch das Freilichtmuseum Skansen und abends die gesunkene Wasa besichtigt haben.
Wir sinken hier jedenfalls nicht, sondern es geht stattdessen in gemütlichem Reisetempo an schönen Häuschen,
Schilffeldern
und Marinas vorbei.
Echt Klasse, findet auch die Trägerin, die sich seit der Rückfahrt zu uns auf die bequeme Rückbank gesellt hat und nach dem Spaziergang in Waxholm wieder so gestreckt und gelockert ist, dass sie seither auch wieder gerade gehen kann…
Und jetzt erreichen wir das Hafenbecken mit den ganzen alten Schiffen, den Gebäuden, dem Königspalast und, und, und…
Also alles, was wir gestern im Vorbeifahren mit dem Bus schon von der Landseite aus gesehen haben und wo wir gerne mal angehalten hätten. Nun also das alles von der Wasserseite aus, aber ganz nah und direkt vor uns, ohne die störende Scheibe dazwischen.
Selbst den Freizeitpark sehen wir
und auch diesen Kran, der wie eine Giraffe angemalt ist, welche mit ihrem Kopf in genau die Richtung weist, wo diese Fehlkonstruktion „Wasa“ gesunken ist und für deren Entdeckung wir einige Jahre zu spät kommen.
Diese Stelle liegt genau zwischen dem Kran und unserer Aida, nur 200 oder 300 m davon entfernt.
Wenig überraschend scheint unser Schiff besser konstruiert und schwimmt noch.
Fest vertäut erwartet es unsere Rückkehr von diesem tollen RIB-Abenteuer. Von welchem der Teddy Kaufhof übrigens, wie immer wenn etwas gut läuft behauptet, dass es mal wieder einzig und ausschließlich seine Idee war.
Schon in wenigen Stunden heißt es wieder “Leinen los“ und 5 Stunden lang werden wir uns durch die Schären schlängeln, bis die annähernd 30000 Inseln vor Stockholm passiert sind, Kurs auf Visby nehmen und trotz mittlerweile miserablem Wetterbericht, versuchen Gotland zu erreichen.
In der Zwischenzeit beobachten wir vom Balkon aus das Treiben am Bootsanleger, wo zwar einiges verboten ist, und ich mich schon gar nicht mehr wundere, dass ich bei "Förbud Dyka-Ankra-Fiska" wieder prima mit meinen Übersetzungskünsten klar komme,
wo aber vor allem auch die Ausflugsboote für die Rundfahrten an- und ablegen.
Man mag den Ty empört dafür beschimpfen, aber ich bin froh, die Rundfahrt und eben noch viel mehr, mit diesem Schlauchboot gemacht zu haben.
Zumal ich es ja nicht bezahlen muss…
Denn wenn ich jetzt so sehe, wie voll diese flachen geschlossenen Grachtenboote gepackt werden, bin ich dann eben doch eher den Dingen direkt nahe gekommen und weniger den Menschen.
Und da verzichte ich auch gerne auf die Moderation, in welcher wir vermutlich erfahren hätten, wer wann und warum welchen Stein auf den anderen gelegt hat.
Und was das alles für Gebäude sind, das haben wir im Wesentlichen ja schon gestern bei den Busfahrten nach Skansen und später zum Wasa-Museum gehört und manches sogar bis heute behalten. Aber dann wird es sowieso wie immer sein. Denn anders als das RIB-Abenteuer, das wir wohl alle ewig in Erinnerung behalten werden, verschwindet das meiste von diesem Geschichtswissen doch wieder aus dem Gedächtnis und macht Platz für Neues.
Für Neues vielleicht von Gotland, welches wir morgen etwas später als geplant anfahren werden.
Jede Glückssträhne hat nämlich früher oder später ein Ende und bei uns dann wohl ab morgen. Namentlich ist es das Glück mit dem Wetter was uns wohl morgen verlassen wird.
Der Kapitän jedenfalls widerspricht nicht dem Wetterbericht und verkündet die Aussicht auf böigen Wind und zumindest vormittags Starkregen. Dem ganzen will er sich auch nicht trotzig widersetzen und daher laufen wir Visby erst gegen Mittag an. Ein Gedanke, der mit der Hoffnung verknüpft ist, möglichst eine der trockenen Perioden zu erwischen. Hoffentlich ist da nicht eher der Wunsch der Vater des Gedanken, unkt der stets eher pessimistische Teddy Kaufhof und sieht uns schon mit gelb/schwarz gefiltertem Ausblick unter der Regenhaube sitzen.
Die Ausflugszeiten sind mittlerweile angepasst und der Aufenthalt in den Abend hinein verlängert. Der Plan steht.
Aber hoffentlich können wir überhaupt dort anlegen, denn der Hafen ist wohl sehr windempfindlich. Und so wäre es bekanntermaßen nicht das erste Mal, dass….
Hier in Stockholm ist es unterdessen noch weiterhin sommerlich schön, als sich das Schiff nach einem zuvorigen Extra-Schwenk Richtung Hafenbecken jetzt durch die Schären schlängelt.
Morgen früh wird die Welt da draußen wohl anders aussehen, -wahrscheinlich nämlich ziemlich nass. Und letzteres sind wir heute, selbst beim wilden RIB-Abenteuer, nicht mal durch Spritzwasser geworden…
Fortsetzung folgt...
Im nächsten Teil erreichen wir trotz Regen und Wind das Städtchen Visby auf Gotland. Und später stehen wir bei Sonnenschein u. a. auf dem "Galgenberg". Und von dort konnte früher nicht jeder so wie wir, noch aufrechten Ganges diesen Platz verlassen und durch das Stadttor nach Visby einmarschieren...
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