6a Hic Rhodos, hic salta …

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Kabinenkategorie
Meerblickkabine
Reisedatum von
13. Oktober 2019
Reisedatum bis
27. Oktober 2019

19. Oktober 2019 – Rhodos

Mensch, ich war richtig stolz auf mich! Nach 50 Jahren ohne Lateinunterricht konnte ich diesen vor ca. 2 ½ Jahrtausenden vom Begründer der europäischen Fabeldichtung Äsop losgelassenen Spruch ins Deutsche übersetzen: Hier ist Rhodos, hier springe! Hmh … was sollte das? Musste ich in Rhodos springen. Abgelehnt … aber aus Äsops Fabel heraus kam die nähere Erklärung: Beweise, was Du kannst! Aber auch das klappte nicht! Im Gegenteil: Ich bewies, was ich nicht konnte … Merkwürdig … aber hier nun die Auflösung: Am Vorabend ahnten wir beim Zubettgehen nichts Gutes. Und es kam ... 5.30 Uhr begann es mit stärkerem Vibrieren. Noch moderat und auszuhalten. Aber ich war wach … Ungefähr 5.45 Uhr steigerte sich es zu einem unzumutbaren Crescendo. Ein Vibrieren von die Bullaugen verdeckenden Fensterflügel; zum Orchester kamen Schrank- und Toilettentür hinzu. Ich rief bei der Rezeption an, hielt den Hörer an die zitternden Teile, um mit der Mitarbeiterin diesen wohltönenden Genuss zu teilen. Okeh, sie konnte nichts daran machen. Aber sie konnte meine Moniten weiter geben. Bis 6.55 Uhr gab es Lärmhöhen und -tiefen – ein Dirigent hätte seine Freude gehabt. So, und ich zeigte, was ich nicht mehr konnte: Schlafen …

Und so sprang ich kurz nach 7 Uhr ganz, ganz langsam mit dicken Augen aus den Federn. Nach dem Üblichen versuchte ich, mich mit dem Morgenkaffee wacher zu machen. Kein Erfolg. Er trat erst ein, als ich nach weiterem anstrengendem Öffnen meiner Schlitzaugen Rhodos genießen konnte. Die in der Sonne liegende, zum Fort St. Nicholas führende Mole mit den drei Windmühlen.



Der Palast der Großen Meister. Die Stadtmauer mit ihren diversen Toren. Echt ein Genuss …

Und der Hafen war so gut wie leer. Mit unserer AIDAcara war lediglich die kleine Aegean Odyssey angeleint, auf die wir bereits in Athen gestoßen waren. Rhodos Stadt dürfte nicht überfüllt sein.

Nach dem Frühstück starteten wir unseren Stadtbummel. Frei nach dem Motto: So weit die Füße tragen. Ohne zu springen … Durch das Virgin Mary´s Gate betraten wir die Altstadt. Das erste Spießrutenlaufen begann. Klamottenladen, Schmuckgeschäft, Lederladen, Restaurant. Dann wieder von vorne. Dann …

Wir kamen durch, auch wenn wir von den Beschäftigten der Läden bzw. Restaurants pausenlos auf die Vorteile ihrer Etablissements angesprochen wurden. Wir lehnten fortwährend höflich ab und wurden verstanden.

Der erste Hingucker lag vor uns. Die Reste der einst von den Johannitern erstellte Church of the Virgin of the Burgh.



Merkwürdig – es stand niemand im Bild … tja, man musste nur Geduld haben. Viel Geduld …

Aber wir hatten Zeit. Deshalb hielten wir uns auf dem Platz der jüdischen Märtyrer mit dem entsprechenden Denkmal und dem Seepferdchen-Brunnen länger auf.

Nicht weit davon entfernt ließen die vielseitig nutzbare Kastellania nicht einfach links liegen:



zunächst war in ihr das Strafgerichtshof der Johanniter untergebracht; danach war sie Versammlungsort der Kaufleute, Handelsinspektorat sowie Handelsgericht und seit einigen Jahren die öffentliche Bibliothek. Nicht viele Mitbesucher der Stadt stiegen die Stufen hoch. Ich allerdings, da ich mir vorstellte, dass es sich lohnte:



der an diesem frühen (?!) Morgen gegenüber der Normalität fast noch leere Hippocrates Platz mit dem Brunnen an zentraler Stelle, im Hintergrund der Uhrenturm und das Minarett der Süleyman-Pascha-Moschee.

Unsere Richtung – wir passierten die Moschee und die Ruinen der Kirche St. John of the Collachio und standen vor den mächtigen Türmen des Großmeisterpalastes. Eine Besichtigung schenkten wir uns, da wir uns im Vorjahr den Palast bereits angeschaut hatten. Vielmehr hatten wir vor, an diesem Vormittag einen längeren Spaziergang auf der Stadtmauer zu machen. Ein Problem lies dieses Vorhaben scheitern: Samstag geschlossen! Und wir standen an diesem Samstag vor einem verschlossenen Torgitter … immerhin konnten wir per Foto festhalten, wo wir gerne hingegangen wären …



Dann zogen wir weiter. Hinein ins türkische Viertel. Und staunten über die Blütenpracht inmitten der alten steinernen Stätten.



Nicht weit von dieser Stelle lockte der Uhrenturm an exponierter Stelle.



Dort, wo er stand, befand sich einst ein anderer, im 7. Jahrhundert als Teil der byzantinischen Stadtmauer errichteter Turm, der 1851 in zeitgemäßer Form von der türkischen Besatzungsmacht wieder hergestellt wurde. 1856 wurde er durch eine gewaltige Explosion des in der Kirche St. John of the Collachio gelagerten Pulvervorrates zerstört; ebenso wurden Teile des Großmeisterpalastes stark in Mitleidenschaft gezogen. Ein Jahr später wurde er mit der noch immer funktionierenden Uhr neu erbautet – die Griechen sollten immer von weiten sehen, welche türkische Stunde geschlagen hatte.

Wenn wir schon nicht von der Stadtmauer aus über die Altstadt schauen durften, wollten wir es durch die Fenster oberhalb der Uhr machen. € 5,-- kostete der Spaß incl. eines Freigetränkes in der angeschlossenen Taverne. Das Eintrittsgeld war gut angelegt, wie die zu „Dokumentationszwecken“ geschossenen Fotos festhielten:



Im Vordergrund die türkische Schule vor dem Großmeisterpalast; dass die Stadt mit osmanischen Bauten gespickt ist, erkennt man z.B. an der Aufnahme mit der Süleyman-Pascha-Moschee.




Die trutzige Verteidigungsanlage Bastion of St. George, die zeigte, warum die Osmanen trotz ihrer Übermacht Probleme hatten, den Hauptort der Insel einzunehmen. Im Vordergrund sahen wir die Church of Agios Georgios in the Fortifications als Teil der mittelalterlichen Befestigungsanlage.



Runter kommt man immer … und wir schafften es, uns von der Höhe des Uhrenturms wieder nach unten zu bewegen und das Freigetränk zu uns zu nehmen. Wir wählten Kaffee … hätten wir es besser nicht getan … Entschädigt wurden wir von der angenehmen Atmosphäre im Außenbereich der Taverne.




Genug ausgeruht – weiter … Wir wollten noch einmal etwas von den alten Rittern sehen. Und zwar die Umgebung, in der sie hausten. Also los zur vorzüglich restaurierten Umgebung der Ritterstraße im westlichen Teil der Altstadt.



Zu Großmeisters Ritterzeiten waren in dieser knubbeligen Straße die einzelnen Zungen = Landsmannschaften untergebracht. Welche, erkannte man an den in Stein gehauenen Wappen. Die Ritterstraße endete vor der – wie sollte es anders sein – Kirche Panagia tou Kastrou, ursprünglich im späten 11. Jahrhunderten erbaut. Sie war nicht unser Zwischenziel – über den Platz der hebräischen Märtyrer im alten Judenviertel



erreichten wir den alten Aphroditetempel. Besonders viel war nicht übrig geblieben …



War dort sooooooooooo viel los im Quartier der griechischen Göttin der Liebe, Schönheit und sinnlichen Begierde, dass die Dächer und Wände wackelten und schließlich einstürzten? Niemand konnte oder wollte es bestätigen …

Bevor jemand weiteres Unheil anrichten konnte – hinaus aus der Altstadt! Durch das Liberty (Eleftherias) Gate. Zwischen der inneren und der äußeren Mauer lag ein riesiger Blumenstrauß.



Weggeworfen? Stammt er von einem verschmähten Liebhaber der Aphrodite? Wir verschwendeten daran keine weiteren Gedanken und sagten uns: Keine Müdigkeit vorschützen! Auf zu der den Mandraki-Hafen mit der Marina begrenzenden Mole mit den drei Windmühlen und dem Fort of St. Nicholas.



Auf dem Gang über die Mole wurden wir ganz schön gebraten … Langsam gingen wir an den drei Windmühlen vorbei.



Sie standen in ihrer Urform schon seit Jahrhunderten auf dem Wellenbrecher. Anlandende Schiffe luden dort ihre Getreidefracht aus, die sofort gemahlen wurde.

Der Mandraki-Hafen war in Großmeisters Zeiten der Kriegshafen von Rhodos. Als Wachposten wurde zunächst am Ende der Mole ein Turm gebaut, der gegen Ende des 15. Jahrhunderts aufgrund der drohenden Belagerungen durch die Osmanen mit einer den Turm umschließenden Bastion (Fort of St. Nicholas) erweitert wurde.



Noch viel, viel früher stand einige Meter entfernt an der Hafeneinfahrt eins der sieben Weltwunder – der Koloss von Rhodos. Wohin er verschwunden ist, weiß keiner so genau. Seinen Platz nahmen seit der Besetzung durch die Italiener die Wappentiere von Rhodos – Hirsch und Hirschkuh Elafos und Elafina (oder umgekehrt …) ein.


Kommentare 3

  • Eigentlich schreibe ich immer das Gleiche, tolle Bilder, schöner Bericht, aber es ist eben so. ;)
    Vielen Dank!
    Rhodos ist schon richtig schön, war auch bei meiner Kreuzfahrt, damals ein toller Hafen, eine tolle Insel.

  • Hic(ks) Hic(ks) ... Bist du dir sicher, dass ihr in den alten Stadtmauern wirklich nur Kaffee getrunken habt?! ;)


    Jedenfalls ist dieses Kapitel auch wieder ein klasse Geschichtsexkurs, gewürzt dem deinen Berichten so eigenen leichten "Schalk im Nacken". Danke fürs Mitnehmen. Auch wenn ich´s noch spannender gefunden hätte, wenn du doch herausbekommen hättest, was da wirklich so los war im Quartier der Liebesgöttin. ;)


    Liebe Grüße, Meerelfe

    • Nix hicks - es war nur Kaffee! Und bei unserem nächsten Rhodos-Besuch werden ich bei Aphrodite ein wenig nachbohren … grins ...