
19. Mai 2019 Kopenhagen, Wetter sonnig bis leicht bewölkt, 23 Grad – es ist unglaublich
In der
Hafeninfo habe ich gelesen, dass die Sonne um 4.49 Uhr aufgehen soll.
Was aber nicht bedeutet, dass es dann erst hell wird. Mein Kopf hat
es abgespeichert und ob ich will oder nicht, um 4.13 Uhr werde ich
wach und schau vom Bett aus durch die Balkontür auf einen leicht
hellen Himmel. Na gut, dann steh ich halt auf und schleppe mich im
Bademantel ganz leise auf den Balkon. Ich kann einfach nicht anders,
Sonnenaufgang auf dem Meer ist immer traumhaft. Die anderen schlafen
tief und fest und wegen meiner „Sonnenaufgangsmacke“ muss ich nun
wirklich niemanden wecken. Welch eine Atmosphäre. Der Himmel leicht
rosa, die Luft so klar und mild und die Heckwelle rauscht dezent.
Irgendwann weckt mich das leise Flüstern aus dem Nachbarraum, Mutti und Schwester sind schon aufgestanden und warten, bis ich verschlafenes Kind endlich aufstehe. Meine Tochter ist schon wieder weg, Frühsport. Kompliment, wie sie das so macht. Ich wäre einfach zu bequem für so was, aber ein schlechtes Gewissen habe ich deshalb nicht. Mutti's Haare haben in der Nacht den Kampf mit dem Kopfkissen ausgetragen und so mache ich mich ans Werk, dass sie wieder einigermaßen gut liegen. Wo käme sie denn hin, wenn sie als Struwelfrau ins Buffalo käme. Nö, das geht nicht. Gemeinsam marschieren wir drei wieder zum Fahrstuhl, fahren hoch bis Deck 10 und umrunden das Theater bis wir vor dem Buffalo stehen. Der freundliche Restaurantleiter begrüßt uns und als wir an unseren Tisch geleitet werden, ist der tolle Kellner zur Stelle und rückt Mutti den Stuhl zurecht. Irgendwie scheint sie es echt zu mögen, denn sie wartet, bis der Stuhl richtig steht und dann erst nimmt sie Platz. „Rührei, Madam?“ fragt er. „Jaaaa, wie immer und den Bacon so wie gestern. Sie wissen schon, schön knusprig. Und dann ….“ Sie braucht nicht weiter reden. Es kommt von ihm prompt „... das Glas Wasser bringe ich auch mit, nicht zu kalt. Das mögen sie ja nicht so!“ Und weg ist er.
Wir können uns Zeit lassen, denn bis zur Schließung um 10 Uhr ist es noch eine Weile hin und so lassen wir es uns gut gehen. Genüsslich trinkt Mutti ihren Filterkaffe und als sie einen Schluck von meinem „Americano“ nimmt verzieht sie das Gesicht. „Mensch, wie kannst du so ein bitteres Zeug nur trinken“, flüstert sie mir zu „und dann noch ohne Zucker. Ich würde das nicht runter bekommen“. „Mutti, du weißt doch, ich mag so komische Sachen. Denk nur mal an die Viecher in Asien, die ich gegessen haben!“ Sie lacht und sagt „die sollen aber gesund sein!“
Als wir
wieder auf der Kabine sind, werden die Koffer unter dem Bett
vorgeholt. Mutti wird auf den Balkon verbannt. Kofferpacken ist
einfach zu viel Hektik für sie und wir wollen sie nicht stressen.
Ich packe meinen kleinen Koffer und dann ist Mutti's dran und zum
Schluss liegt das Ungetüm meiner Schwester auf dem Bett und wird
befüllt. Inzwischen ist die Luna fast im Hafen von Kopenhagen
angekommen.
Welch ein Bild und welch ein Wetter. Fast wieder so, wie ein 6er im Lotto. Blauer Himmel und das Wasser glitzert ebenfalls blau. Mutti erkennt den Hafen wieder und sagt, wir sollen nachher ja zur Kleinen Jungfrau gehen. „Seht ihr, der Mensch muss auch mal Glück haben. In Oslo mieses Wetter und hier ist schon Sommer. Erinnert ihr euch noch, als wir mal hier waren? Da lagen die Leute in Badesachen im Park auf der Wiese. Ich glaube, etwas über 20 Grad ist bei denen Hochsommer oder?“ kommt es vom Balkon her. „Ja klar erinnern wir uns, wir haben damals in unseren Wintersachen ganz ordentlich geschwitzt und man hat uns komisch angesehen, wie wir herum gelaufen sind im Park“, wirft meine Schwester in die Runde. Das passiert uns zum Glück heute nicht, wir haben für alles vorgesorgt und auch ein paar leichte Kleidungsstücke mitgenommen – sie wiegen ja nicht viel ….
„Da
schau mal her, die Junge ist wieder da“ rufe ich in Richtung Tür,
als meine Tochter nach dem Sport eintrudelt. „Leute, ich packe
nachher... Wir legen bald in Kopenhagen und da wollen wir doch an Land
gehen oder“ kommt es als Antwort von ihr. Mutti gleich: „Ihr
lauft mal schön alleine, bei dem Wetter bleibe ich hier und tanke
etwas Sonne auf dem Balkon. Mittagessen fällt heute aus, ich habe
noch Obst auf dem Teller liegen. Sprudel ist auch noch da. Ich bin
versorgt. Geht nur“, und sie winkt uns hoheitsvoll vom Balkon aus
zu.
Ich packe meine Tasche - Handy, Kamera und die Hafeninfo sind dabei, es geht los. Als erstes fällt mir gleich auf, vor den Läden ist die üppige Dame verschwunden. War doch früher hier eine tonnenschwere „Meerjungfrau“ zu sehen, nicht so anmutig wie die echte, aber auch einen Blick wert. Wo ist die hin, frage ich mich.
An der
Langeline Allee gibt es einen kleinen Jachthafen, in dem die Boote im
spiegelglatten Wasser liegen.
Im angrenzenden Park sind die Kirschblüten an den Bäumen verblüht und die Bäume tragen zarte grüne Blätter. Wären die Blüten noch dran, garantiert würde der Park voller Asiaten sein. Die lieben diese Bäume. Wir haben vor, zum Nyhavn zu laufen, denn dort gibt es ein tolles Eis. Bei der kleinen Meerjungfrau bleiben wir nicht stehen, zu viele Menschen sind dort und versuchen ein Foto zu machen. Auf dem Rückweg wird es sicher nicht mehr solch einen Andrang geben.
Irgendwie
habe ich einen Moment nicht aufgepasst und statt in Richtung Zentrum
laufen wir durch einen Park, der mir völlig unbekannt ist. Und was
für ein Volk ist da unterwegs?
Nun erkenne ich die Häuser mit dem gelben Putz wieder, an denen wir gerade vorbeilaufen. Hier sind wir schon mal während einer Stadtrundfahrt mit dem Bus vorbei gefahren. Das war mal eine Siedlung für die Seeleute der königlichen Marine. Soweit ich mich erinnern kann, war der allergrößte Teil der Häuser früher einstöckig und weil es eng wurde in der Siedlung, hat man die Häuser mit einer zweiten Etage versehen.
Hier hat
sich ja was getan seit dem letzten Besuch. Das Baugerüst an der
Frederikskirche, wird auch Marmorkirche genannt, ist verschwunden und
die Fassade erstrahlt in neuem Glanz.
Unser Spaziergang führt uns entlang schöner Häuser mit auffallend reich verzierten Fassaden, bis wir endlich am Nyhaven ankommen. Überall stehen kleine Tische und gemütliche Stühle vor den Restaurants. Auf den Tellern sehe ich im vorbeigehen kalte Platten mit Variationen von Fisch und auch das berühmte Smorbrod, das reichlich belegt ist. Man trinkt Weißwein, Bier und auch Kaffee und dann erblicken wir schon von weitem das Schild der Eisdiele. Auch Waffeln gibt es hier und der Duft ist betörend gut. Die Leute stehen bis draußen auf den Bürgersteig. Meine Tochter und Schwester gönnen sich ein Softeis mit bunten Streuseln – ich schaue mir derweil den Hafen an.
Die
Boote alle blitzsauber und auf der Brücke entdecke ich die
Liebesschlösser wieder. Rings um den kleinen Hafen kann man wirklich gemütlich herumschlendern. Am schönsten ist es unter Woche, da ist es nicht so eng dort. Heute ist ja Sonntag und es sind Touristen und auch Einheimische unterwegs, jeder möchte die sonnige Zeit nutzen.
Das Eis ist verspeist, wir machen uns auf den Rückweg. Besonders nett sind die vielen Geschäfte und kleinen Lokale, die sozusagen im Untergeschoss bzw. Keller liegen. Schmale Treppen führen hinab und die Fenster sind auf Gehsteighöhe. Das Fenster mit den antiken Porzellanfiguren ist doch was für Mutti und schnell ist ein Foto gemacht. Sie hat eine Vorliebe für so was; stehen bei ihr im Wohnzimmerschrank neben den bunten Römergläsern auch einige Figuren und Vasen aus Porzellan. Wenn sie mal „Langeweile“ hat, putzt sie den Staub ab und freut sich, wenn alles wieder blank ist.
„Schaut
mal, da können wir reingehen und noch was trinken oder?“ fragt
meine Schwester. Hinter dem großen reich verziertem Eisentor
befindet sich das Schloss Charlottenborg und im Innenhof gibt es zwei
Restaurants, die sehr einladend aussehen.
Einen Katzensprung entfernt liegt das Schloss Amalienborg. Die vier prunkvollen Gebäude, die fast identisch aussehen, umschließen den großen Platz.
Mutti könnte genau sagen, wo wer wohnt – also die Königin und ihr Mann und die verheirateten Kinder. Also wen es interessiert, hier eine kleine Aufstellung (ich habe mich schlau gemacht):
Palais Schack, offizieller Wohnsitz von Königin Margarethe II (im Winter). Im Sommer wohnt sie außerhalb von Kopenhagen ebenfalls in einem Schloss.
Palais Brockdorff: Hier wohnt der Kronprinz Fredrik mit seiner Mary.
Palais Molkte: Hier wohnt kein Mitglied der köngilichen Familie. Es ist das Gästehaus und wenn die königliche Familie aushausig ist und keine Gäste da sind, kann man das Palais besichtigen. Muss ich mir merken!!!
Palais Levetzau: Im Erdgeschoss ist ein Museum untergebracht und im Obergeschoss wohnt Prinz Joachim mit seiner Frau Marie.
Ja und Mutti hat mir mal genau erzählt, wie eine Audienz bei der Königin abläuft, wer wo wie stehen muss und so weiter. Ich finde es enorm, was sie sich so alles behält. Aber nicht nur über die Königshäuser weiß sie Bescheid, manchmal ärgert sie sich auch über unsere Politiker, wenn sie in einer Talkrunde „so daher reden. Vom Leben der normalen Menschen haben die oft gar keine Ahnung“, hat sie mir mal am Telefon erzählt. Ich glaube, es ging um die Verlängerung der Arbeitszeit. Da ist sie richtig fuchtig geworden.
Die Wachen marschieren im Gleichschritt vor den Gebäuden hin und her und leise hört man die Eisenbeschläge ihrer Schuhe auf das Pflaster klicken. In der Mitte des Platzes steht die Reiterstatue von Friedrich V., Mutti wird bestimmt fragen, ob die Königin zu Hause war. Ich glaube schon, denn oben auf dem Palais weht eine Fahne. Aber gesehen habe ich sie nicht. Vom Schloßhof geht es schnurgerade aus zum Wasser und auf der anderen Seite des Amalienhavens liegt die moderne Oper und im Rücken habe ich die Frederikskirche.
Die Saint Ansgar-Kathedrale kennen wir bereits von innen und außen und so verweilen wir kurz vor der St. Aleksander Nevsky Church mit den goldenen Zwiebeltürmchen. Immer wieder schön anzusehen bei Sonnenschein. Gegenüber im Hof des Design-Museum wird auch gerade herum gewerkelt.
Dieser etwas böse dreinschauende Herr über dem Eingang eines Hotels ist mir nicht unbekannt. Freundlicher ist er inzwischen nicht geworden. Wenn Mutti das Bild sieht, wird sie sicher sagen „der hat aber ganz schöne Muckis!!!“.
In der
kleinen Parkanlage in der Nähe der Sankt Alban Church entdecke ich
eine Gruppe von Menschen, die sich aneinander kauern – ein
steinernes Kunstobjekt. Als ich durch mein Objektiv zum Kirchturm der St. Alban's Church hochschaue, sehe ich, es gibt nicht eine einzige Wolke am
Himmel.
Die warme Jacke hatten wir zum Glück nicht mitgenommen und
als wir am Gefion-Brunnen stehen, haben wir echt Lust, kurz die Füße
in das plätschernde Wasser zu halten. Nein, das machen wir natürlich
nicht, könnte eventuell Ärger geben.
Was Mutti wohl gemacht hat, heute bei dem Sonnenschein auf dem Balkon? Hoffentlich hat sie keinen Sonnenbrand bekommen, so ganz ohne ihren Sonnenhut.
Im
Jachthafen ist gemächliche Ruhe. Zwischen den Steinen hat sich ein
Schwan sein Nest gebaut und sitzt auf den Eiern. Damit er nicht
gestört wird, wurde extra eine Absperrung installiert. Und juhuuuu,
bei der Kleinen Meerjungfrau gibt es keinen Andrang mehr und zack
habe ich sie fotografiert.
Als Abschlussgeschenk an uns selbst bummeln wir noch durch die kleinen Läden im Hafen. Ich habe gerade keine Lust auf Klamotten und so gehe ich aufs Schiff zurück. Mutti hat es sich draußen auf dem Balkon gemütlich gemacht, das Obst gegessen und fragt gleich nach den Fotos. Ich setze mich zu ihr und erzähle, was wir gemacht haben. „Ach, die Königin war ja zu Hause, die Fahne weht auf dem Dach. Ist ja Sonntag, vielleicht ist bei denen Familientag“ ihr Kommentar zu den Bildern vom Schloss. „Und, habt ihr die Eisdiele wieder gefunden?“ Ich nicke und erzähle vom Marathon in der Stadt. Nach einer halben Stunden trudeln unsere beiden Shoppingdamen ein. Jede hat eine Tüte und sofort werden neu erworbenen Kleidungsstücke vorgeführt. „Mensch, da habt ihr Glück mit den Sachen. Toll seht ihr aus“, Mutti ist voll des Lobes.
Okay,
wenn die fündig geworden sind, kann ich ja auch nochmal los. Unter
dem Vorwand, ich wolle die Skulpturen im Hof der Wohnanlage
fotografieren, sprinte ich davon. Und dann lande ich doch erst mal
auf dem menschenleeren Hof und mache ein paar Schnappschüsse. Ich bin hin und weg, wie sich unsere Luna dort zwischen den Gebäuden auf das Bild gedrängt hat.
Und zum Schluss schlendere ich durch einige Läden und finde ein hübsches Teil. Mal sehen, ob es den anderen auch gefällt. Auf der
Kabine leichtes Chaos, der letzte Koffer wird gepackt und wir
überlegen, wie wir uns für den letzten Abend stylen wollen. Wir
drei „jungen“ gehen in den neuen Fummeln und Mutti entscheidet sich für
den Pullover, der farblich einfach super zu ihr passt und schon ist
Zeit für das Abendessen. "Das sollen wir schon genießen, denn ab morgen Mittag hat das Ende. Und ich muss schon wieder den Kopf machen, was ich koche" fällt Mutti ein. "Oh, am Besten ist es, wir bleiben an Bord. Mutti, was hälst du davon?" frage ich sie. "Nein, nein, wenn ich nicht wieder zurückkomme, machen sich die Nachbarn und der Seniorenkreis noch Sorgen, wo ich abgeblieben bin. Verlockend wäre es schon - aber ich bin auch gerne zu Hause, in meinen eigenen vier Wänden" ist ihre Antwort drauf. So, das wäre jetzt auch geklärt und wir machen uns auf den Weg in Richtung Treppenhaus. Vor dem Weite Welt-Restaurant stehen wieder
die Kunstwerke aus Eis und Obst.
Die Torte ist noch ganz und so
setzen wir uns an den vierer-Tisch und genießen das letzte
Abendessen der Reise. „Bring mir bitte den Kaviar mit“, ruft
Mutti mir hinterher, den mag sie. Wählerisch ist sie nicht gerade,
aber schon eine Feinschmeckerin. „So, das war wieder mal ein
reichhaltiges Essen und ganz ehrlich, morgen gibt es nur Obst für
mich“ flüstert sie uns zu. „Aber ein Essen ohne Nachtisch ist
nicht okay“, und so bringt ihr die Enkeltochter einen kleinen
Nachspeisenteller und nach dem letzten Krümel gehen wir noch in die
Luna Bar und schauen zu den Fernstern raus, wie unser Schiff den
Hafen von Kopenhagen verlässt.
Der Sekt
ist eingeschenkt, die Verabschiedung geht flott über die Bühne und
als Zugabe gibt es heute die neue ABBA-Show zu sehen. Ist eine reine
Geschmackssache, sehr modern und ganz anders, wie wir die Show
kennen. Na ja, schlecht war es nicht – aber früher nur die
ABBA-Mitglieder in den typischen Kostümen auf der Bühne zu sehen,
hatte schon was. Auf das Pooldeck fällt plötzlich Nebel, aber nicht
von der Bühne sondern die Luna durchfährt gerade eine Nebelbank.
Das sieht schon etwas gespenstisch aus.
Und
Mädels, was machen wir jetzt noch, ist die Frage. Los, auf einen
Abschiedstrunk in die AIDA Bar, dort spielt ab heute die Band
„Dancing Waves“. Tanzen können wir nicht mehr, die Füße sind
schwer vom laufen und so machen wir auf den Weg hinunter. Die letzten
Sachen wandern noch in die Koffer, Mutti schläft und als wir kurz
auf den Balkon gehen, fällt uns auf, die Luna fährt jetzt aber
rasant.
Heftig sprudelt das Wasser und die Heckwelle ist wildschäumend. „Ob die wohl die Motoren testen bei Vollspeed“, fragt meine Schwester mich. „Könnte sein, ab und zu machen die sowas“ flüstere ich. Jetzt aber ab ins Bett und Gute Nacht, morgen früh sind wir in Kiel und müssen pünktlich fertig sein.
20. Mai 2019 Ankunft in Kiel
Man sollte es nicht glauben, als wir die Augen aufmachen, was ist passiert? Die Welt ist im Nebel versunken und es regnet leise vor hin. Im Buffalo beim Frühstück ist viel Betrieb, alle wollen rechtzeitig aufbrechen und so beeilen auch wir uns und verabschieden uns von der freundlichen Crew. Mutti schaut nochmal wehmütig zurück, als wir hinausgehen.
Der Safe wird geleert, wir schnappen die Koffer und ziehen sie durch den Gang bis zum vorderen Fahrstuhl. Welch ein Glück, einer hält, niemand drin – alles rein, Koffer, Taschen, Mutti und der Rest der Gruppe. Uffz, dass wäre geschafft. Vor dem Terminal nehmen wir eine Taxe zum Bahnhof. Der Fahrer grinst nur, als er das Gepäck sieht …
Am Bahnhof haben wir noch etwas Zeit, kaufen ein wenig Reiseproviant und der Zug steht bereit zur Abfahrt. Alles im Grünen Bereich... bis auf das Bistro. Der junge Mann kommt und fragt, ob man was zu trinken möchte. „Ja, ich hätte gerne einen Kaffee“, kommt die Bestellung von meiner Schwester. „Geht nicht, wir haben nur Kaltgetränke gerade. Es gibt einen Defekt im Speisewagen“ ist die Antwort. Gegenüber sitzt ein Mann, der hätte gerne ein Bier. „Das ist aber nicht kalt, die Kühlung geht auch nicht!“ sagt der Kellner. Oh, der Mann war aber auf zack … „Dann hätten sie auch sagen können, wir haben gerade keine Heißgetränke, sondern nur Lauwarmgetränke statt Kaltgetränke!!!!“ Wir waren nicht die einzigen Mitreisenden, die über diese Feststellung lachen mussten. Zum Glück war der Kellner nicht beleidigt. Irgendwann funktionierte die Technik wieder und es gab Kaltes und Warmes.
Unterwegs verabschieden wir uns vom jüngsten Mitglied der Familiengruppe und wir fahren noch ein Stück weiter, bis wir am Zielbahnhof wieder eine Taxe nehmen. Alles Rückwärts jetzt, Schwester zu Hause absetzen, Mutti und ich fahren weiter und verbringen den Abend gemeinsam. Im Kühlschrank steht ein kalter Sekt, ich hole die AIDA-Pralinen vor und wir stoßen nochmal auf die wunderschöne Reise an. „Ach, was war das doch wieder toll. Und mit dem Wetter, du weißt ja, das ist mir echt egal. Ich liebe das AIDAschiff und bin über jede Minute an Bord glücklich. Nächstes Jahr geht es ja wieder los, ich freue mich jetzt schon“ sagt Mutti lächelnd zu mir. „Ja, das wird bestimmt wieder toll werden – wir sind dann wieder "das vierblättrige Kleeblatt on Tour“ ist meine Antwort.
Am nächsten Morgen kommt meine Schwester und bringt mich zum Bahnhof. Natürlich wieder Verspätungen und auch Zugausfälle, aber das ist jetzt egal. Auf mich wartet ja nicht Mutti mit dem Essen und mein Mann kann damit leben, dass ich etwas unpünktlich zurück bin. Ist ja nicht neu für ihn. Und Mutti zu Hause, sie hat sich eine Gemüsesuppe gekocht - „die ist gesund und nach der Reise darf es auch mal was zum abnehmen sein“ erzählt sie mir am Abend am Telefon. „Und vergiss nicht, das Hotel mit den Schinken an der Wand zu buchen für die nächste Reise. Das war so nett dort!“ erinnert sie mich noch zum Schluss. „Mutti, wird erledigt – und dann essen wir das Schnitzel wieder“. Oh, da habe ich ja was gesagt … „aber du nimmst diesmal den Seniorenteller!“ Das hat sie freundlich überhört und wünscht mir noch einen schönen Abend. „Bis bald mein Kind, wir telefonieren wieder. Tschüss.“
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Nach jedem Teil des Reisebericht habe ich Mutti angerufen und ihr den Text vorgelesen. Jaaa, es gab noch viel zu erzählen am Telefon und auch viel zu lachen über ihr Sprüche. Im Seniorenkreis war sie inzwischen und hat voller Freude über ihre Zeit auf dem AIDAschiff erzählt. Das Fotobuch? Das mache ich demnächst fertig und dann können Erinnerungen wieder bildhaft zurückkehren.
Und was mach ich demnächst in der AIDAfreien Zeit? Wahrscheinlich meine kleinen Reisefilme, die ihr dann bei YouTube unter dem Namen Perlenfeechen findet. AIDAsehen. Eure Perlenfee.
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