
Wir fahren wieder die Serpentinenstraße mit den schönen Aussichten hinab und verlassen den Bus für unsere Erkundungstour von Angra do Heroísmo am Rathausplatz. Ich weiß überhaupt nicht, wo ich zuerst hinsehen soll. Zum Rathaus, zu den Häusern rund um den Platz oder wieder einmal auf das Mosaik aus Pflastersteinen.
Angra do Heroísmo heißt auf deutsch etwa Bucht der Heldenhaftigkeit und ist die älteste Stadt der Azoren. Sie bekam ihr Stadtrecht 1534. Gleichzeitig wurde sie von Papst Paul III. zum Bischofssitz des Bistums Angra ernannt. Kaum vorstellbar, dass sie am 1. Januar 1980 von einem Erdbeben zerstört wurde. Die Folgen der Silvesterparty waren sicherlich bei einigen Einwohnern noch spürbar, als die Erde mit einer Stärke von 7.0 für 11 Sekunden durchgeschüttelt wurde. Das Beben war auf mehreren Azoreninseln zu spüren und richtete immense Schäden an. Über die Hälfte der Häuser auf Terceira waren schwer beschädigt, 71 Menschen verloren auf den Azoren ihr Leben, fast 6.000 Häuser wurden unbewohnbar und 20.000 Menschen wurden obdachlos. Das historische Zentrum von Angra do Heroismo wurde am schwersten getroffen. So schwer, dass viele Gebäude vollkommen neu aufgebaut werden mussten. Und genau das tat man. Man tat es schnell, originalgetreu und mit einer Liebe zum Detail, die mich sprachlos macht. Und man tat es in kurzer Zeit.
Es verwundert also nicht, dass die Altstadt 1983 zum Weltkulturerbe erklärt wurde. Das alles liegt keine 40 Jahre zurück. Und im Prinzip kann es jederzeit wieder passieren, auch jetzt, wo ich hier vor dem Rathaus stehe und einmal mehr die Detailverliebtheit an den umstehenden Gebäuden bewundere. Von hier beginnen wir unseren geführten Stadtrundgang und gehen langsam Richtung Jardim Duque de Terceira. Der 1882 errichtete botanische Park ist relativ klein, aber dennoch wäre er mit seinen vielen tropischen und subtropischen Pflanzen, wie Magnolien, Tempelbäumen, Kamelien und Hibiskus sehr sehenswert gewesen. Ja wäre, im Januar hat die Farbenpracht ihren Winterschlaf.
Wir bestaunen statt dessen einen Teich, Springbrunnen, Lavasteinmauern, Lauben und ein Denkmal für Almeida Garrett. Der spielte nicht Geige, sondern war ein portugiesischer Dichter und Politiker. Auch ein interessanter Pavillon ist zu finden.
Im Hintergrund ist der Mitte des 20. Jahrhunderts zu Ehren des Königs Dom Pedro IV errichtete Obelisk Alto da Memoria. Ein Weg vom Garten führt direkt hinauf.
In unmittelbarer Nähe befindet sich das 1724 erbaute Haus des Generalkapitäns. Wir würden wohl eher Gouverneur zu dieser Funktion sagen. Zunächst blieb das Haus in Familienbesitz, danach wurde es zur Residenz der Generalkapitäne. Heute hat es mehrere Funktionen. Es ist eine offizielle Residenz des Präsidenten der Azoren-Regierung, es ist Sitz der Verwaltung des Vizepräsidenten und beherbergt ein Museum.
Auf unserem weiteren Weg bestaunen wir immer wieder Häuser mit ihren schmiedeeisernen Balkonen.
Im Zentrum von Angra do Heroísmo liegt auch ein Theater. Es stammt aus dem neunzehnten Jahrhundert. Dank Orinoco Flow können wir einen Blick in das Innere des Teatro Angrense werfen.
Auf der Hauptstrasse dominiert die Kathedrale.
Sie kann sich natürlich nicht mit den großen und weltweit bekannten Kathedralen messen, hier ist alles mehrere Nummern kleiner, aber trotzdem sehr schön. Auch sie blieb vom Erdbeben 1980 nicht verschont. Als sie gerade wieder aufgebaut war hat 1983 ein Feuer das Gotteshaus erneut zerstört. Der Wiederaufbau hat nur 3 Jahre gedauert.
Sie ist die größte Kirche der Azoren und Sitz des Bistums der Azoren. Sogar Papst Johannes Paul II. hat 1991 die Kathedrale besucht. Am Eingang steht ein Denkmal, dass an diesen Tag erinnern soll.
Weitere liebevoll gestaltete Häuserfronten erhalten unsere Aufmerksamkeit.
Und dann müssen wir auch schon wieder in den Bus einsteigen. Die Zeit in Angra do Heroísmo fand ich persönlich viel zu kurz. Es hätte noch so viel zum Entdecken gegeben. Die Fußwege sind gut begehbar. Allerdings ist es ein ständiges auf und ab und damit doch etwas anstrengend.
Während der Rückfahrt sehen wir ein kunterbuntes Gebäude. Es erregt unsere Aufmerksamkeit und wir fragen die Reiseleiterin danach. Das Gebäude war eine Heilig-Geist Kapelle. Von diesen kleinen lustig bunt angemalten Gotteshäusern gibt es unzählige auf der Insel. Ungefähr 70 der Heilig-Geist Kapellen sind aus Holz und stammen noch aus dem 19. Jahrhundert. Leider lag auf unserem Weg keine weitere Kapelle. So habe ich auch kein Foto. Wer sich diese kleinen hübschen Gotteshäuser gern ansehen und etwas über die Geschichte erfahren möchte kann das aber hier tun: https://www.passengeronearth.com/heilig-geist-k…erios-terceira/
Kurz bevor wir wieder in unserer Hafenstadt ankommen sehen wir 2 große Steine im Wasser. Immer wieder geraten diese Steine ins Blickfeld. Doch es sind keine Steine, es sind unbewohnte Felseninseln, sie werden Ilhéus das Cabras oder auch Ziegeninseln genannt. Die Sicht ist nicht so richtig gut, so dass sich die großen Höhlen und steilen Klippen nur erahnen lassen. Ein ideales Versteck für Piraten und ein Paradies für Seevögel.
Orinoco Flow hat im vorigen Jahr den Ausflug am Vormittag gemacht. So hatte er nachmittags die Gelegenheit, sich in Praia ein wenig umzusehen. Dabei passierte ihm Folgendes: „Wir tranken am Sportboothafen einen Kaffee, als eine Gruppe von Musikern vor uns anhielt und uns mit einer sehr schönen Darbietung unterhielt. Die sieben Männer zogen durch die Stadt und sangen immer wieder an verschiedenen Plätzen. Wie wir erfuhren, soll das immer so sein wenn ein Schiff anlegt.“
Gerade noch pünktlich erreichen wieder unseren Ausgangspunkt. Es dauert nur noch wenige Minuten bis wir die Insel, deren Wappen von zwei Rindern geschmückt wird wieder verlassen müssen. Rinder spielten und spielen eine wichtige Rolle auf Terceira. Sie wurden beim Widerstand der Insel gegen die Herrschaft der Spanier eingesetzt und halfen eine Schlacht gewinnen halfen. Diese Rinder werden auf speziellen Weiden gehalten und begeistern bei den allsommerlichen (unlbutigen) Stierkämpfen am Seil (tourada à corda) in den Straßen die Zuschauer.
Um 18 Uhr laufen wir aus. Ich stehe wie immer an der Reling und sehe noch einmal sehnsüchtig zurück.
Rumpsteak nach Art der Insel Terceira ist eines der typischen Fleischgerichte der Azoren. Ob es das auch heute Abend im Markt oder im Calypso gibt? Der Wunsch erfüllt sich nicht. Ich habe die Wahl zwischen Russland und Frankreich.
Dafür hat meine Lieblingsbar heute geöffnet: die Haifischbar. Während ich dort einen schönen und feucht fröhlichen Abend verbringe ist die Cara bereits auf dem Weg zu unserer vierten portugiesischen Insel.
Urlaub auf dem Meer.......
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