
Klasse …
SO habe ich mir meinen botanischen Ausflug nicht vorgestellt. Dabei klingt er doch schon so blumig und irgendwie auch nach schönem Wetter: "Tropische Gärten im hohen Norden: Flor og Fjære".
Ein AIDA-Scout weist mir mit einem freundlichen "Bitte einmal zum tropischen Boot!" den Weg und zeigt ein Stück geradeaus. Ungefähr dort, wo heute Vormittag unser Fjordausflugsboot festgemacht hatte, liegt jetzt ein blau-rumpfiges Bötchen mit kunterbunten Dschungel- und Blütenmotiven - ein "tropisches Boot" eben - die "MS Rygerfjord". Na, das ist doch schon mal ein schöner Auftakt.
Ich gehe an Bord und nehme freiwillig im äußerst geräumigen Innenraum Platz. An Deck ist es mir definitiv zu nass, allen anderen Gästen auch.
Während wir auf das Bevorstehende eingestimmt werden, verlasse ich zum zweiten Mal an diesem Tag die Stadt mit einem Boot. Es geht wieder unter der "Stavanger bybru" hindurch. Eine rund 20-minütige Fahrt zu einer Insel - wieder "full Speed", aber das kenne ich ja schon - liegt vor uns. Unsere sehr sympathische junge deutsche Reiseleiterin, die schon seit vier Jahren in Norwegen lebt (davon drei Jahre in Tromsø, wo sie den langen, dunklen Winter jedoch schließlich nicht mehr ertragen konnte, und nun in Stavanger) erzählt uns vom blumigen Insel-Erlebnis. Und sie erzählt uns, dass ein Besuch selbst bei schlechtem Wetter schön sei.
Das Ganze hört sich nicht nur wunderschön und klangvoll an: "Flor og Fjære" heißt das botanische Kleinod, Sør-Hidle die kleine, der Ölstadt Stavanger vorgelagerte Insel - gerade einmal 1,4 Quadratkilometer groß, auf der sich die "Tropischen Gärten im hohen Norden" befinden - gelegen in Ryfylke, einer Region der norwegischen Provinz Rogaland. Wenige Kilometer vor den Toren der viertgrößten Stadt Norwegens, und dennoch so ganz einsam draußen zwischen dem Boknafjord und der Mündung des Høgsfjords.
Und soll ich etwas sagen?! Unsere Reiseleiterin sollte Recht behalten. Es IST unbeschreiblich schön, wie ich schon nach den ersten Ausblicken auf die sich langsam aus Dunst und Regen herausschälende Insel mit farbenfroher und weithin leuchtender Bepflanzung feststelle. Und das zunächst ja nur am Anleger. Dennoch ist mein erster Gedanke: "Wie traumhaft muss das hier bei schönem Wetter sein, wenn es mich jetzt, im strömenden Regen, schon so begeistert?!"
Wir verlassen das "tropische Boot", gehen über einen Steg an Land, wo wir sofort von floraler Blüten- und Pflanzenpracht empfangen werden. Wir laufen auch durch eine Art kleines Portal, das mit einer Tür verschlossen ist. Denn einfach mal so im Vorbeikommen die Insel betreten?! Nein, nein, das geht nicht. Doch hierzu gleich noch etwas mehr.
Wir treten also durchs Portal und es fühlt sich an wie der Eintritt ins Paradies: Vor uns breitet sich eine kaum zu glaubende Kulisse aus verschiedensten mediterranen Bäumen aus: Palmen, Araukarien und - was mich am meisten begeistert - Baumfarne in allen Größen. Dazu ein unbeschreiblich buntes und vielfältiges Blumen- und Blütenmeer. Dazwischen immer wieder kleine Wasserfälle, lauschig versteckte rustikale Sitzmöbel.
Kann mich bitte mal jemand kneifen?! Erlebe ich DAS HIER gerade wirklich?! Ja, ich tue es. Und es sollte noch viel schöner werden. "Es gibt keine zweite Chance für den ersten Eindruck", sagt ein Sprichwort. Eine zweite Chance braucht diese Insel bei mir auch gar nicht. Ich habe mich spontan verliebt!
Wir werden schon erwartet - von einer blonden Norwegerin mit nettem Lachen, einer kleinen Broschüre für jeden Gast und etlichen kunterbunten Regenschirmen, falls jemand noch einen braucht …
Eine nette Frau - die Hausherrin des Familienunternehmens, wie sich herausstellt - begrüßt uns - samt augenscheinlich super liebem und sicher dem Knuddeln durch die Gäste so gar nicht abgeneigtem Haushund. Ich sage nur: ein Golden Retriever. Da genügt ja schon ein Blick aus den treuen Augen, um einem das Herz aufgehen zu lassen. Ein kurzes Begrüßungsbellen und schon hört man ihn für den Rest unseres Aufenthaltes nicht mehr.
Aber irgendeine Macke scheint ihn gerade befallen zu haben, während die Hausherrin unserer Gruppe auf einem flauschteppichweichen, leuchtend grünen und selbst jeden englischen Gärtner vor Neid erblassen lassenden englischen Rasen einen interessanten Vortrag über die Geschichte von "Flor og Fjære" hält: Lag er anfangs noch ganz friedlich und als würde ihn das alles hier so gar nicht interessieren, ausgestreckt und vor sich hin dösend auf der Wiese …
… erwacht er plötzlich wieder zu regem Leben. Einige Meter von seinem Frauchen entfernt beginnt er seelenruhig aber akribisch ein Stück englischen Rasen mit seinen Pfoten umzugraben. Seine bis dahin makellos saubere Schnauze verschwindet dabei immer wieder in der regengetränkten, sehr gesund und nach jeder Menge Substrat aussehenden Erde. Die ursprünglich hellen Pfoten haben nun so einen erdigen "Touch"
… Auf Norwegisch, aber immer mit einem Lächeln im Gesicht, spricht die Frau mit dem Hund, aber der hat gerade seinen eigenen Dickkopf. Nun gut, sie lässt ihn gewähren. Da muss nachher der Gärtner mal ran und sich um die "Schadensbekämpfung" kümmern.
Also konzentrieren wir uns nun wieder von der Hundevorführung auf die Erzählungen der Hausherrin über die Geschichte von "Flor og Fjære".
Wie könnte es auch anders sein?! Alles begann mit einem Garten, der von einem Mann aus Liebe zu einer Frau angelegt wurde.
1965 war das. Ob die damalige "Flower Power Zeit" möglicherweise inspirierend wirkte?! Else Marie & Åsmund Bryn kauften ein kleines Anwesen an der Nordseite von Sør-Hidle und bauten hier ein Sommerhäuschen.
In den 1980er Jahren zogen sich die Beiden aus gesundheitlichen Gründen komplett auf das Anwesen zurück. Hier an der Nordküste weht ein ständiger Wind, so dass sie begannen, Kiefern als Windschutz zu pflanzen und einen kleinen Garten anlegten. Das Ganze wirkte rehabilitierend und Åsmund Bryn wurde wieder gesund. Die Idee für "Flor og Fjære" war geboren. 1995 wurden der Garten und das eigene Insel-Restaurant für die ersten Gäste auf Sør-Hidle geöffnet.
In dritter Generation wird "Flor og Fjære" nunmehr bereits bewirtschaftet und mit immer neuen Visionen weiterentwickelt. Als das Blumen- und Pflanzenparadies 1995 eröffnet wurde, hatte der Garten eine Größe von rund 2 Hektar. Heute, über 20 Jahre später, entwickelte sich der einstige Garten zu einer Parkanlage mit zehn verschiedenen Themengärten, die sich auf einer Fläche von 20 Hektar entfalten, von denen rund 6 Hektar für die Besucher geöffnet sind.
Jedes Jahr im April beginnen fünf (!) festangestellte Gärtner, rund 50.000 (!) neue Pflanzen zu setzen, so dass der Park jährlich ein neues Kleid aus anderen Pflanzen und anderen Farben trägt. Waren es im Eröffnungsjahr 1995 noch rund 700 Besucher, so sind es heute rund 60.000.
Das Schöne an einem Besuch dieser Insel ist, dass die Familie nur eine begrenzte Anzahl Besucher auf einmal zulässt. Auch ist es nicht möglich, den riesigen Botanischen Garten einfach mal so im Vorbeikommen zu besuchen. Nein, das geht nur als Paket - in Verbindung mit einem Besuch des Restaurants. Das "tropische Boot" fährt regulär nur zweimal am Tag zur Insel - um 12:00 Uhr mittags, um die Gäste hinzubringen und um 17:00 Uhr, um sie wieder abzuholen.
Ein Boot und fünf Stunden Aufenthalt pro Tag … Mehr öffentliche Besucher werden auf dieser Insel nicht zugelassen. Für Reisegruppen wie unsere AIDA-Gruppe macht man natürlich mal eine Ausnahme. Auch wird diese Location mal für besondere Events gebucht. Doch das war´s dann auch schon. Ansonsten gönnt Familie Bryn der Insel ihren Dornröschenschlaf. Andernfalls wären der Reiz und die einzigartige Charme dieses Natur-Wunderlandes verschwunden, die wunderschön eingerichteten Rückzugsorte in Form von lauschigen Sitzgruppen …
… oder bequemen Liegestühlen an einem kleinen Strand …
… schnell überfüllt. Ich finde diese Regelung einfach toll. "Klasse statt Masse". Wo gibt´s so etwas noch?! Sonntags ist "Flor of Fjære" übrigens geschlossen. Von Mai bis September dauert die "geblümte" Saison.
Angesichts dieser ganzen Blüten- und Pflanzenpracht verwundert es sicher keinen, wenn er hört, dass Königin Sonja von Norwegen in diesem Paradies ihren 70. Geburtstag gefeiert hat.
Wir können uns nunmehr entscheiden, uns entweder der Führung durch die Hausherrin (samt süßem Haushund) anzuschließen oder selbst durch die verschiedenen Themengärten zu spazieren. Im Restaurant können wir uns auch gern mit Kaffee und Tee bedienen.
Zunächst schließe ich mich der Führung durch die verschiedenen Themengärten an. Asiatisch, südeuropäisch, skandinavisch … - Alles, was das Botanikerherz begehrt.
Ganz nach dem Motto "Lasst Blumen sprechen" denke ich, dass die folgenden Aufnahmen in der Tat für sich selbst sprechen. Genießt die Impressionen, so wie auch ich es während meines gemütlichen Spaziergangs auf sauberen Wegen, über kleine Wasserläufe querende Stege, durch Bambuswald und vorbei an Bonsaibäumchen, Becken mit Koi-Karpfen und an in allen erdenklichen Farben millionenfach blühenden Blumen getan habe …
So, und jetzt ganz langsam aus dem Blütentraum wieder aufwachen …
Toll, oder?! Zuviel versprochen habe ich garantiert nicht, denke ich.
Glücklicherweise hat es inzwischen wenigstens aufgehört zu regnen; der Himmel bleibt jedoch leider grau in grau. So bummele ich rund anderthalb Stunden kreuz und quer durchs Paradies.
Irgendwo im japanischen Bereich habe ich nämlich den Boknafjord und den bereits erwähnten kleinen Strand erspäht und mich von der Gruppe abgesetzt. Das Gelände fällt zum felsigen Strand hin ab. Es riecht herrlich nach Meer und ich bin hier ganz allein.
Was für eine unglaubliche Stimmung … Diese Stille … Dazu eine Vegetation, die hierhin eigentlich gar nicht passt. Irgendwie fühle ich mich - im absolut positiven Sinne - zur falschen Zeit am falschen Ort. Doch es ist genau der richtige Ort. Es ist das Paradies.
So stehe ich völlig einsam an diesem wunderschönen kleinen Strand. Der graue Himmel tut sein Übriges, um dem Ganzen eine gewisse Mystik zu geben.
Die Flut hat etliche kleine Muscheln angeschwemmt. Ich nehme mir ein paar davon als Erinnerung mit. Zu Hause werde ich sie mit den auf meiner Reise bereits gesammelten Steinen, ein wenig Sand, einer Krebsschale und etwas getrocknetem Seetang in einer Glasschale arrangieren und mich in trüben Augenblicken an meine traumhafte Reise zu wunderbaren Orten zurückerinnern.
Gern wäre ich hier noch etwas länger geblieben, hätte mich bei schönem Wetter eine Weile auf die bequem aussehende Schaukel gesetzt und nicht nur meine Seele, sondern auch meine Beine baumeln lassen. Hätte meinen traurigen Gedanken an das bevorstehende Ende meiner Reise ungebremsten Freilauf lassen können.
So nehme ich diese Gedanken mit auf den Rückweg zum Insel-Restaurant, zu dem ich mich langsam aufmache.
"Zeig mir das Land, wo die Zitronen blüh´n …" - Ich zeig dir Norwegen, hier blühen sie nicht nur, hier hängen gleich die reifen Früchte an den Bäumen …
Eine Oase, von der man einfach nicht genug bekommen kann. Eine Oase, die süchtig macht. Ich glaube, ich muss meinen heimischen Garten komplett umgestalten …
Wenn ich all das hier so sehe … Wie traumhaft!
Leider beginnt es wieder zu regnen, so dass ich die Einladung zum Aufwärmen mit einem heißen Kaffee im urigen Restaurant gern annehme. Der Kaffee ist wirklich lecker, so gar kein "Blümchen-Kaffee". Durch die großen Panoramascheiben kann man den Anleger sehen. Ich beobachte den Regen, wie er einmal mehr auf die windige Insel prasselt.
Schließlich kommt wieder das "tropische Boot" durch die Wellen des Boknafjords angeschaukelt, um uns wieder "einzusammeln" Doch zunächst spukt die "MS Rygerfjord" eine Gruppe wirklich schick gekleideter Menschen aus, die vorm Restaurant-Eingang schon ein prickelndes Getränk in stylishen Gläsern erwartet.
Uns erwarten leider nur der windumtoste Anleger und die schaukelnde Rückfahrt zurück zum Skagenkaien in Stavanger, um unsere AIDAluna zu entern und zum letzten "Sail Away" unserer Reise aufzubrechen.
Bevor wir an Bord des Bootes gehen, erlebe ich eine Premiere. Zum ersten Mal auf einer Kussmundschiffreise überhaupt muss ich den zweiten Abschnitt meines Ausflugstickets abtrennen. Das gab´s noch nie. Ich habe mich schon so oft gefragt, wofür der eigentlich nötig ist. Nun, unsere Reiseleiterin findet anscheinend Gefallen daran. ![]()
Schließlich wehen uns Wind und Regen um 18:30 Uhr wieder an Bord und schon schaukeln wir zurück nach Stavanger. Schnell bleibt die kleine Blumeninsel hinter den verregneten Scheiben zurück. Meine Gedanken sind genauso trüb wie die vorbeiziehende Landschaft.
Das war mein letzter AIDA-Ausflug auf meiner Traumtour. Und er bot ein einzigartiges Naturkino in einem wahren Paradies für jeden Pflanzenfreund. Ich bin mir ganz sicher: Bei meinem nächsten Aufenthalt in Stavanger muss ich dieses farbenprächtige Eiland noch einmal besuchen, denn die Natur verändert sich im Wechsel der Jahreszeiten. Ich bin gern in der Natur, erfreue mich an Blumen und Vegetation, so dass der Besuch dieser Insel für mich der Besuch im Paradies war. Ich habe mich in diese bezaubernde Insel direkt vor den Toren von Norwegens Ölmetropole verliebt und kann einen Ausflug jedem Stavanger-Besucher nur wärmstens ans Herz legen.
Wer jetzt neugierig geworden ist und dieses tropische Paradies im Norden Europas auch einmal besuchen möchte, dem empfehle ich die vielen Informationen auf der Homepage der besonderen Blumeninsel: https://florogfjare.no/en/.
Ich persönlich bin AIDA sehr dankbar dafür, diesen besonderen Ausflug ins Programm aufgenommen zu haben. Einfach nur klasse. Diese drei Stunden Botanik par excellence zählen für mich zu den schönsten Eindrücken meiner Norwegen-Reise. Gerade, weil es etwas ganz Besonderes war. Etwas, das man so in Norwegen niemals erwarten würde. Und man kann auch der Familie Bryn nur danken, aus einem kleinen Garten das Paradies auf Erden geschaffen zu haben.
Tja, nun geht´s ein letztes Mal auf dieser Reise an Bord von AIDAluna. Das letzte "Sail Away" …
Fortsetzung folgt …
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