
Julio Iglesias kennt Ihr seit dem vorletzten Reisebericht. Aber was ist mit Gijón? Fußballkennern ist diese Stadt ein Begriff. Und zwar seit 1982. In diesem Jahr fand die Fußballweltmeisterschaft in Spanien statt u.a. mit Spielen in Gijón. Unsere Mannschaft spielte gegen Österreich und führte 1 : 0. Dieses Zwischenergebnis reichte beiden Mannschaften – ihnen war die nächste Runde sicher. Nach dem Führungstreffer drückte die deutsche Mannschaft weiter, schlaffte dann ab und … auf dem Platz tat sich nichts mehr außer unwürdiges Hin- und Hergeschiebe. Am Ende stand das Zwischenergebnis; man sprach vom Nichtangriffspakt von Gijón.
Nicht nur diese unschöne Begebenheit zeichnet Gijón aus. Mit Erneuerung des Hafens vor ca. 120 Jahren siedelte sich in der näheren Umgebung Schwerindustrie mit Hüttenwerken, Werften und Maschinenbau an mit der Folge wirtschaftlichen Aufschwungs. Als einige Jahre später im Umland Steinkohle abgebaut wurde, verstärkte er sich und so entwickelte sich die Stadt zu einem der großen wirtschaftlichen Zentren Nordspaniens.
5. Juli 2025 – Gijón
Die nächste nordspanische Region lag vor uns – Asturien. Zunächst im Seenebel. Ein Grund, dass uns am sehr frühen Morgen das Typhon aus dem Schlaf schreckte und in den Folgestunden für Unterhaltung sorgte. Beim Anlegen um 8 Uhr wurde zweierlei bestätigt: Der Nebel hatte sich noch nicht verflüchtet und Gijón hatte tatsächlich viel Kohle. Nicht nur haufenweise – bergeweise.
Direkt vor unseren Nasen … Na ja, die Lage im Industriehafen war nicht gerade prickelnd. Aber immerhin wurde für uns „Klar Schiff“, nein besser „Klar Kai“ gemacht. Nur für uns (?) wurde der Kohlenstaub weggespritzt.
Noch hatten wir trübes Wetter. Ein Grund, zunächst gemütlich zu frühstücken und dann bei ersten Auflockerungen mit dem Shuttle in die Stadt zu fahren. In der Nähe des Eisenbahnmuseums und der noch leeren Playa de Poniente verließen wir den Bus und wir begannen die Besichtigung von
„Las Letronas“, die Buchstaben von Gijón, auf der Promenade und vor den Yachthäfen waren umlagert von Touristenscharen. Jeder wollte inmitten der Buchstaben stehen und das Foto nach Hause posten. Wir nicht – wir wollten nur die Buchstaben und erhielten sie – nach langem Warten und höflichen Bitten.
Dass Gijón Kohle hat, zeigten auch die beiden Yachthäfen.
Ganz schön gefüllt mit Schiffen. Eher kleine Boote – man konnte einige mieten. Nichts für uns – wir wollten die Stadt sehen. Das, was die Frankisten an alten Gemäuern nicht dem Boden gleich gemacht hatten.
Wie den Palast von Revillagigedo (rechts im Bild zu sehen), die Stiftskirche San Juan (links neben dem Palast) und ein gerade mal zwölf Jahre altes Gebilde – den Árbol de la Sidra; zu ihm komme ich später. Der Barock-Palast mit gotischen Türmen wurde im 18. Jahrhundert erbaut und zeigt die typische asturische Palastarchitektur der damaligen Zeit;
die Stiftskirche wurde 15 Jahre später hochgezogen. In beiden Gebäuden hat sich eine Stiftung der Sparkasse Asturiens breit gemacht und ein Kulturzentrum geschaffen.
Vor dem Palast fällt ein Denkmal ins Auge. Hoch auf einer Säule steht Don Pelayo, ein Held Spaniens. Er war im 8. Jahrhundert der erste Herrscher des Königreichs Asturien und Mitinitiator des Beginns der Rückeroberung der iberischen Halbinsel von den Mauren.
Wir beabsichtigten, direkt den zweiten Stadtstrand Playa de San Lorenzo aufzusuchen. Aufgehalten wurden wir von der sich im alten Fischerviertel Cimavilla befindlichen Plaza Mayor, das Herz von Gijón. Ein großer rechteckiger Platz, dem man ansah, dass er zu den meistbesuchten Flecken der Stadt gehört und auf dem abends mit Sicherheit der Bär tobt. Allein einige den Platz begrenzenden Restaurants sorgen dafür.
Natürlich nicht am recht frühen Vormittag. Noch war es auf dem Platz einigermaßen leer und so konnten wir das Rundherum genießen.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im neoklassizistischen Stil erbaut, zeigen die Proportionen und der Säulengang des Rathauses eine gewisse spanische Strenge und auch Eleganz. Die anderen historischen, den Platz begrenzenden Häuser machen auch aufgrund der Farbgestaltung den Platz sehr attraktiv.
Die Arkaden mit Rundbögen, schmiedeeisernen Balkongittern und auch die neueren, den alten angepassten Häuser machen den Charme des Platzes aus.
Einst wurden auf dem Plaza Mayor Märkte abgehalten. Ein Treffpunkt der Bürger von Gijón. Man traf sich, man tauschte sich aus. Und heute? Man trifft sich, man tauscht sich aus. Besonders am Abend, wenn die Restaurants geöffnet haben. Oder auch während zahlreicher Veranstaltungen wie Konzerte, religiöser Feste, Märkte, Shows, … Die Kulisse stimmt und das zieht Massen an.
Stark beeindruckt von diesem wunderschönen Ensemble zogen wir weiter. Durch eine kurze, schmale Gasse und schon öffnete sich das neuere Gijón vor uns.
Zunächst der 1 ½ km lange muschelförmige Strand San Lorenzo, begrenzt von der von den Einheimischen liebevoll „Paseo del Muro“ genannten Flaniermeile, Durchgangsstraße und Häuserzeile. Sie beginnt mit der „Pescaderia Municipal“, einer knapp 100 Jahre alten Fischhalle. Früher mit 142 Fisch- und Meeresfrüchteständen ausgestattet. Heute mit einer mir nicht bekannten Anzahl kommunaler Büros. Man kann nur hoffen, dass sich der vielen nicht passende Fischgeruch verflüchtigt hat.
Wenn man sich die gesamte Häuserzeile um die Bucht betrachtet, fällt auf, dass nur wenige niedrige und alte Bauten vorhanden sind. Es liegt an der Hinterlassenschaft des spanischen Bürgerkrieges. Einwohner Asturiens waren mehrheitlich Anhänger der Republikaner, so dass vor und während der Eroberung der Stadt durch die Franco-Truppen ein Großteil der alten und auch historischen Häuser zerstört wurden. Die Lücken wurden geschlossen und mit monumentalen Bauten aus der Franco-Zeit und mit noch neueren Gebäuden gefüllt.
Wenden wir uns dem Positiven zu. Dem Ende des Playa de San Lorenzo und dem Santa Catalina Hügel.
… Fortsetzung folgt
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