
Endlich sahen wir wieder das Meer. Tiefblau. Noch weit unten. Also noch viele Serpentinen und Überraschungen, die nach den folgenden Kurven auf uns warteten. Eine Fahrt kreuz und quer durch die Landschaft; irgendwie erschien uns die Fahrt unstrukturiert. Doch Guiseppe wusste, was er tat. Er kannte sich im Gegensatz zu uns aus. Und wir erreichten die Autobahn. Aus unserem vorher sehr langsam und vorsichtig fahrenden Guiseppe wurde ein echter Italiener (Vorurteil?). Turbo, wo es eben ging; aber vorausschauend. Gut, dass wir am Vormittag nach unserem ersten Fotostopp die nicht belegten Behindertenplätze eingenommen hatten. So sahen wir auf einmal durch die riesige Frontscheibe weit vor uns zwei sich auf Bergkuppen klammernde Dörfer. Eins war unser Ziel: Taormina. Bis wir es erreichten, verging noch einige Zeit. Wie an diesem Tag gewohnt eine kurvenreiche Fahrt
bis wir das Parkhaus unterhalb des Zentrums erreichten. Um unsere Waden zu schonen, fuhren wir mit dem Aufzug von Ebene 1 auf 7. Oben angekommen gab Laura einen kurzen Überblick und führte uns durch die Gassen zum griechisch-römischen Theater. Es ging nur langsam voran. Am Ätna wimmelte es von Touristen; Taormina war die Steigerung.
Ein Sprachengewirr von Besuchern mit unterschiedlichen Buttons von Kreuzfahrtschiffen. Unsere AIDAcara war am Morgen das einzige Kreuzfahrtschiff im Hafen von Catania. Eben am Morgen – er lag hinter uns … Unterwegs gab Laura immer wieder Erläuterungen zur Geschichte des Ortes und zu dem einen oder anderen ins Auge fallenden Gebäude. Und zwar per Headset. Zu verstehen war wenig bei der Geräuschkulisse. Trotzdem konnten wir einiges mitnehmen.
Taormina blieb geschichtlich nicht unbeleckt. In der Urzeit siedelten sich ganz oben – dort, wo sich Reste des Kastells befanden – die Sikuler an.
Nach und nach kamen die dann im südlichen Europa üblichen Besucher, pardon, Besetzer. Zunächst die Griechen, die später von den Römern überrollt wurden. Dann die Oströmer, die 902 von den Arabern nicht nur einen auf den Deckel bekamen. Ihnen folgten die Normannen, die aus Sizilien ein wirtschaftlich blühendes Königreich machten. Wie gewonnen so zerronnen – anschließend lösten sich Aragon, Spanien, Savoyen und Österreich ab. In der napoleonischen Ära hatten außerdem die Franzosen ihre Finger im Spiel bis im Zuge der Einigung Italiens einigermaßen Ruhe einkehrte.
Schon im vorletzten Jahrtausend war Taormina ein beliebter Urlaubsort und heute ist er wieder das, was er einst war. Nein doch nicht, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass das Städtchen in römischen Zeiten so von Touristen überschwemmt – um nicht zu sagen bedrängt – wurde. Was muss nur in der Touristenhochsaison los sein ...
Am griechisch-römischen Theater
angekommen begann Lauras Informationsmarathon über dieses Bauwerk – über die Kopfhörer kaum zu verstehen. Das Wichtigste bekamen wir aber mit: Treffpunkt in 1 ½ Stunden im Bus. Und schnell „seilten“ wir uns ab und besichtigten auf eigene Faust das Theater,
das bereits unseren Johann Wolfgang von Goethe zu literarischen Begeisterungsstürmen anspornte. Nicht nur er erkannte, dass die Lage am Rande des Bergrückens einmalig war. Aus diesem Grunde begannen die alten Griechen im 3. Jahrhundert v. Chr. an dieser bevorzugten Stelle mit dem Bau und führten in ihm nach Fertigstellung die berühmten antiken Komödien auf. Für die ihre Vorgänger ablösenden Römer war das Theater zu klein. Sie vergrößerten es – vor allen Dingen für „Brot und Spiele“. Die armen Gladiatoren … Und heute? Es wird für Freiluftveranstaltungen gut genutzt.
Wer als Besucher das Theater erreicht hatte, sollte es nicht versäumen, die vielen Treppenstufen nach oben zu bewältigen. Die Aussicht ist überragend! Der Blick über Taormina hinweg auf den Ätna … Die Stadtteile Spisone und Mazzeo …
Der Ortsteil Mazzarò mit den wunderschönen Buchten …
Ja, Taormina hatte einiges zu bieten. Tief unter uns und auch oben in der Altstadt. Was dort Tausende, nein, über Jahre hinweg Millionen faszinierte, wollten wir uns anschauen. Und tatsächlich – vom Theater aus schafften wir es, durch das stetige Gedränge bis zur Prachtstraße Corso Umberto I, benannt nach dem zweiten Herrscher des geeinten Königreichs Italien, zu stoßen. Dort, an der Piazza Vittorio Emanuelle, benannt nach dem ersten König, standen zwei imposante Gebäude. Der Palazzo Corvaja, der schönste, in vorwiegend gotischem Stil erbaute Stadtpalast von einer der ältesten Adelsfamilien von Taormina. Im heute lauschigen Innenhof tagte 1410 das sizilianische Parlament.
Direkt gegenüber betraten wir die Chiesa Santa Caterina.
Nicht nur wir flüchteten vom pulsierenden Leben in die temporäre Ruhezone.
Wir folgten der Prachtstraße. Nein, wir schlichen. Zwangsläufig. Links und rechts neben den in alten Gemäuern untergebrachten Restaurants die von mir so heiß geliebten Touristentempel. Andenkenläden, soweit die Augen reichten. Boutiquen.
Besonders angepriesen wurden knallbunte Keramiken, für die Sizilien, speziell Taormina, bekannt sein soll.
Für uns überraschend wurden auch Früchte und sizilianische Spezialitäten im Freien angeboten.
Frohgemut wiederstanden wir allen Verlockungen und schauten lieber in die vom Corso Umberto I abzweigenden Gässchen. Sofern die Sicht nicht von Touristenpulks versperrt wurde …
Am Platz des 9. April machten wir Halt. Zum einen genossen wir an der einen Seite einen unbeschreiblich schönen Ausblick auf Stadt und Meer;
zum anderen beschäftigten uns kurze Zeit die auf der anderen Seite liegende Kirche Sant´Agostino (heute Bibliothek und Ausstellungsraum) und der im 12. Jahrhundert erbaute, zwischenzeitlich rekonstruierte Uhrenturm. Nicht genug der Kirchen am Rande dieses Platzes. Zu den bisher passierten und noch auf dem Wege liegenden Gotteshäusern gesellte sich die Chiesa di San Giuseppe.
Nicht nur von außen prächtig – auch die Innenraumgestaltung stand nicht zurück.
Der Touristenslalom wurde fortgesetzt. Zunächst zum Piazza del Duomo. Dort standen sich klerikale und weltliche Macht einträchtig gegenüber: der aus dem 13. Jahrhundert stammende, insgesamt schlichte Dom Chiesa San Nicolò di Bari
und das frühere Rathaus,
das seit einiger Zeit zweckentfremdet wurde. Ob die Zusammenarbeit beider Stände in der Vergangenheit immer gut war? Keine Ahnung …
Nun war es nicht mehr weit bis zum Abstieg. Wir schlichen durch das die Touristenscharen zusammendrängende Tor Porta Catania,
Beginn oder auch Ende der Prachtstraße und schauten kurz in das Kirchlein Sant´Antonio Abate.
Auch von hier aus setzte sich das Gedränge fort. Bis zum Parkhaus. Sollten wir auf die Ankunft eines nicht vollständig gefüllten Fahrstuhls warten? Nee, dann wären wir zu spät zum Bus gekommen. Aus diesem Grunde begann der Abstieg über das gut frequentierte Treppenhaus. Unten begann bei der Unmenge von geparkten Bussen die Suche nach unserem Gefährt. Sie endete eine Minute vor der festgesetzten Zeit. Klappte doch … und wir hatten Nachzügler …
Mit kurzer Verspätung begann das Busgewürge aus dem Parkhaus und über die kurvenreiche Strecke bis zur Autobahn. Dort stochte Guiseppe vorbei am hustenden Ätna
bis zur Stadtgrenze Catanias, wo die von Laura angekündigte Stadtrundfahrt begann. Erst einmal durch das schreckliche Neu-Catania – das mussten wir nicht haben. Aber kurz vor Erreichen des Hafens schlängelten wir uns durch die ansehnliche Altstadt. Prächtige Bürgerhäuser, gut in Schuss gehalten oder auch nicht. Eine angebliche Prachtstraße, die wir nicht als solche empfanden. Einige mehr oder weniger üppige Brunnen und Denkmäler. Das Teatro Massimo Bellini. Der Dom. Und vieles mehr. Alles ohne Fotodokumentation. Logisch – aus dem fahrenden Bus heraus?
Viele von uns waren froh, als der Bus ins Hafengelände einbog. Wir auch. Und alle erkannten, warum Taormina wenig Platz für alle Touristen bot: Am Morgen lag nur ein Schiff im Hafen. Unser Schiff. Nunmehr drei. Nach uns kamen die Celebrity Edge und die Costa Fascinosa an, die tausende Passagiere Richtung Ätna und Taormina ausspuckten.
Eine kurze Würdigung des AIDA-Ausflugs: Er lohnte sich. Das Mittagessen nicht. Ätna und Taormina sind immer eine Reise wert. Jeder Besucher muss sich aber bewusst sein, dass er bei beiden Zielen nicht an Einsamkeit zugrunde gehen wird. Sollten wir nochmals Catania anlaufen, werden wir per Mietwagen zum Ätna fahren. Aber Vorsicht: Besonders der Stadtverkehr ist bei der Motorrollerschwemme mehr als gewöhnungsbedürftig!
Vor dem Entern der AIDAcara mussten wir sie mit dem Ätna im Hintergrund festhalten. Dort oben war es inzwischen stürmisch …
Anschließend verfrachteten wir uns ins Marktrestaurant, wo uns „Italien“ erfreute. Ebenso wie die spätere Ruhe auf dem Pooldeck. Es warm und die Cocktails schmeckten. Zum Abschluss des Abends besuchten wir das Rock Konzert mit den AIDA Stars und der Band Take Six – es war ein klasse Auftritt!
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