Manaus - alle Erwartungen wurden übertroffen. Vormittags unterwegs in der zwei Millionen Stadt am Amazonas

17. Januar 2013 Manaus - Wettervorhersage: wechselhaft, 29 Grad, hohe Luftfeuchtigkeit – ich füge hinzu: Regenschauer

Früh aufstehen, ausgiebig frühstücken wir und dann stürzt sich unsere Gruppe ins Stadtgetümmel von Manaus. Und schon die Sicht auf die Stadt präsentiert die großen Gegensätze. Moderne Hochbauten kontra Häuser aus der Blütezeit des Kautschukbooms.

Am Anleger ist reger Betrieb, aber trotz allem wirkt alles sehr gemächlich.

Auf der Straße Autos, Busse, Fahrräder, Motorräder und welch ein Glück, wir haben eine gute Wegbeschreibung und so finden wir den Treffpunkt schnell für den Start unserer privat gebuchten Ganztagstour. Unser Reiseleiter Erich lebt schon 15 Jahren in Amazonien und kennt sich bestens aus in der Stadt und mit der Natur, er ist promovierter Geologe.

Zu Fuß machen wir uns auf den Weg in das nahe Stadtzentrum von Manaus. Auf dem kleinen Markt in der Nähe wartet ein buntes Angebot auf die Touristen. Taschen, Krimskrams und Sandalen mit Sohlen, die aus alten Autoreifen gemacht wurden. Wir überlegen bei dieser Büste, was da wohl gelaufen ist, dass der Mann ein Pflaster auf der Nase hat.

Der Stadt, die 1669 als portugiesisches Fort unter dem Namen „Forte de Sao Jose da Barra do Rio Negro“ gegründet wurde, hat eine lange Geschichte, auf die ich jetzt nicht näher eingehen kann. Sonst könnte ich einen Roman draus machen. Die Einwohnerzahl wächst ständig, viele Menschen kommen in dem Glauben nach Manaus, um dort Arbeit zu finden. Das Leben scheint nicht einfach zu sein, stellt sich dann später raus. Körperlicher Einsatz im Umschlaghafen für verschiedene Güter ist gefordert. Fischfang ist oft die einzige Einnahmequelle. Erich erzählt uns viel über den Tauschhandel der kleinen Bauern auf dem Lande mit den Zwischenhändlern, Geld gibt es keins – Ware gegen Ware – zu einem schlechten Preis. Aber das ist besser als gar nichts zu haben. Wer eine gute Ausbildung hat, findet Arbeit. Denn viele internationale Firmen haben einen Sitz in Manaus. Von bekannten Autofirmen bis hin zu elektronischen Gebrauchsgütern, die wir auch in Deutschland kennen, werden dort zum Teil entwickelt und produziert. Der Containerhafen ist stets gut bestückt mit Ware, die über den Wasserweg auf die Reise zum Verbraucher geht. Das haben wir schon von der Vita ausgesehen. Ob die Container „Hamburg Süd“ wohl für die Vita sind. Könnte schon sein – Proviantanlieferung für die Rücktour.

Es gibt nur einzige wirkliche Überlandstraße, die Manaus über Boa Vista mit Venezuela verbindet und deshalb ist die Beförderung per Boot die einzige Möglichkeit.

Wir durchqueren Straßen mit prachtvollen Bauten, manche renoviert, die meisten Gebäude jedoch nicht. Vetternwirtschaft und Korruption bestimmen, was machbar ist. Und so ist der totale Verfall der einst so schönen Häuser mit den tollen Fassaden eigentlich vorprogrammiert. Es gibt wohl einen Denkmalschutz, aber Geld bzw. Leute, die investieren wollen, gibt es nicht. Lukrativ muss es sein, dann geht was. Manches erinnert mich an versteckte Winkel in Frankreich. Französische Namen, geschwungene Straßenlaternen und verschnörkelte Fassaden. In diesem renoviertem Gebäude befindet sich das Comersial Sao Bento (ich glaube, es ist ein Supermarkt). Es stand unter Denkmalsschutz und erstrahlt jetzt mit neuem Prunk. Das sind nur zwei Beispiele in der Stadt.

Und gleich gegenüber ist der totale Verfall vorprogrammiert. Der Anstrich verblasst, der Putz bröckelt und die Fenster sind mit Blechplatten verrammelt.

Unser Reiseführer erzählt so viel, ich muss mich voll konzentrieren, denn es ist alles so interessant was er berichtet. Das Gebiet am Rio Negro ist praktisch unbewohnbar, denn in dem Wasser gibt es keine Fische, es für nichts zu gebrauchen. Der Ph-Wert ist so hoch, dass es ein totes Gewässer ist. Für den Menschen ist das Wasser genießbar, jedoch nicht in der Nähe von Manaus. Dort gibt es keine Kläranlagen, hören wir. Dann kommt noch die Regenzeit dazu, in der der Pegel des Amazonas um 15 bis 18 Meter ansteigen kann. Rund 97 Prozent des Ufergeländes ist daher so gut wie unmöglich zu bewirtschaften, es fehlen die Nährstoffe. Ein Glück, im Amazonas gibt es wenigstens eine Vielzahl von Fischarten – auch viele, die aus dem Pazifik vor sehr langer Zeit den Weg in den Amazonas fanden. Sie haben sich inzwischen an das Wasser gewöhnt. Er kam gerade drauf, weil wir gleich Fische sehen werden.

Auch die berühmte Markthalle am Hafen steht auf dem Plan heute und wer schon mal in Paris war, dem wird diese hier bekannt vorkommen. Sie wurde nach dem Vorbild der Pariser „Les Halles“ gebaut und Gustave Eiffel hat die Pläne für das Eisengerüst entworfen. Die im Jahr 1883 eröffnete Markthalle wird ständig an irgendeiner Ecke renoviert. Bei den Sanierungsarbeiten wurden wertvolle alte Bodenfliesen demontiert. Sie können jedoch nicht mehr eingebaut werden, weil sie gestohlen worden seien. Lokalpolitische Streitereien verzögern die Investitionen in die Sanierung der Markthalle. Auf dem Transparent stand schon oft ein Datum der Wiederöffnung der renovierten Halle. Aber es wurde mehrfach überpinselt, weil die Arbeiten nicht fortgeführt wurden.

Wenn Geld fließt, fließt es in das Vorzeigeprojekt der Stadt, das Teatro Amazonas. Da kommen wir nachher auch noch hin. Neben Fisch, exotischen Früchten und Fleisch gibt es in der Markthalle Kleidung und natürlich auch Souvenire zu kaufen. Die Verkäufer sind freundlich und lassen sich gerne fotografieren, ohne was dafür zu verlangen. Der Bananenmarkt lässt erahnen, dass die Nachfrage groß sein muss. Ess- und Kochbananenstauden werden auf riesigen Paletten aufgetürmt und draußen warten Lastwagen auf die Entladung.

In der Fischhalle brechen die Tische zusammen vom Angebot und wir können uns von der Frische der Ware überzeugen. Unser Guide erzählt dem Mann, was ich mit dem Foto vorhabe in Germany und dann hebt er den großen Fisch so dicht vor meine Nase, dass ich sogar seine Zunge sehen kann. Ich meine die des Fisches natürlich.

Die kleinen Fische werden eingeritzt und auf Spießen verkauft, um später gegrillt zu werden. Die Holzspieße, die auch auf dem Markt zum Verkauf angeboten werden, sind im Landesinnern hergestellt worden. Den größten Verdienst kassiert der Zwischenhändler. Der kleine Produzent bekäme für 1000 Spieße umgerechnet 2 bis 3 Real aber nicht in bar. Es gibt nur den Tauschhandel, er bekommt zum Beispiel für eine größere Menge an Spießen 1 Kilo Zucker. So funktioniert das in Amazonien.

Gleich nebenan liegt der kleine Umschlaghafen. Lasten werden auf Köpfen die Stege hoch getragen, Ausflugsboote und Fähren warten auf Passagiere.

Freundliche Polizisten (ich bin ein Fan von schmucken Ordnungshütern) lassen sich ablichten. Die "Perlenfee" gut bewacht, flüstert mein Mann mir zu.

Überhaupt, die Polizei ist gut unterwegs, zu Fuß, zu Pferde und im Auto. Wir hatten nicht eine Minute ein ungutes Gefühl und so blieb es aus, dass ich meine Tasche krampfhaft festhalten musste. Nach einem frisch gepressten Orangensaft kommen wir am Teatro Amazonas an. Ein Muss für jeden Manausbesucher.

Ein Opernhaus von einer Schönheit, die unbeschreiblich ist. Das Gebäude an sich, erhebt sich auf einem kleinen Hügel. Die Treppen hinauf aus glänzendem Stein, innen Marmor, goldene Verzierungen, 198 glitzernde Lüster, roter Samt und beeindruckende Wandmalereien. Zurückversetzt in die Zeit, als die Oper an Silvester 1896 eröffnet wurde, höre ich, wenn ich meine Augen schließe, das rascheln der Kleider, das leise trippeln auf dem Parkett. Im Obergeschoss ist der große Ballsaal, wieder Prunk vergangener Zeiten, schön anzusehen. Nach der ersten Aufführung einer Oper in diesem Gebäude währte der Glanz nur 10 Jahre. Die Wirtschaft brach zusammen und damit auch der Bedarf an Opernbesuchen. Danach verfiel es und das Klima sowie die gefräßigen Termiten gaben ihm den Rest. 1980 besann man sich und fing an, die Oper zu restaurieren bis sie im März 1990 wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Das hier viel Geld investiert wurde, davon kann man sich bei dem Besuch überzeugen.

Der schwere Bühnenvorhang, der gerade leider zur Seite geschoben ist, zeigt den Zusammenfluss von Rio Negro und Amazonas. In Schaukästen sind aufwendige Kostüme aus verschiedenen Opern zu sehen und im Foyer befindet sich ein kleines Cafe. Rings um die Oper herum findet man Spuren der vergangenen Zeit: Brunnen, Plätze, Statuen, Kirchen ... Um sich alles in Ruhe anzuschauen, brauchten wir Tage hier in Manaus!!

Aber auch das ganz "normale" Manaus haben wir auf unserem Streifzug gesehen.

Und immer wieder die Spuren, was das die feuchte Luft verursacht.

Ich bin schon gänzlich durcheinander vom vielen herum schauen. Lange stehen bleiben kann ich nicht, sonst verliere ich die Gruppe. Der Tag hat es heute in sich. Gerade versuche ich mich zu erinnern, was das war. Ich glaube das Polizeigebäude oder ein Museum. Keine Ahnung, es sieht auf jeden Fall schön aus.

Ich muss heimlich lachen. Wer oft in Frankreich ist wie ich, kennt das genau: es ist Mittag 12 Uhr und da ist eins dem Franzosen heilig - sein Mittagessen. Es wird gegessen, wo man gerade ist und wenn es auf dem Parkplatz ist und man hat seine Kühltasche auf der Motorhaube seines Autos platziert. In Manaus wird auch gegessen - Punkt 12 - wo man gerade ist. In kleinen Grillstuben und auf der Straße. Menschen sitzen zusammen auf Treppen, Mauern oder neben ihren Verkaufsständen. Es duftet nach Grillfleisch und gebratenen Fisch, nach gekochtem Gemüse und Gulasch. Ein Mann bietet mir eine Gabel voll Nudeln an, ich solle probieren. Ganz ehrlich, das Essen sah nicht unansehnlich aus. Aber ich hatte doch ein wenig Angst - naja... kann sich ja jeder denken. Aber um ihm nicht zu kränken, nehme ich ein kleines Krümelchen mit den Fingern von der Gabel. Er strahlt mich an und ich schenke ihm ein freundliches Lächeln. Alles gut. Fremde Küche ist nicht unbedingt immer so verträglich – aber zur Beruhigung. Ich bin nicht krank geworden nach dem Happen.

Es heißt nun Aufbruch für uns, der Stadtführung ist vorbei und wir gehen zur Vita zurück. In der Nähe der Anlegestelle kann ich noch schnell ein paar Fotos machen. Es steht nur noch die Front des Gebäudes dort. Welch ein Jammer, denke ich.

Schnell eine Dusche, einen kleiner Salat essen und dann sind wir wieder mit Erich verabredet. Wir machen noch eine Bootstour. Davon erzähle ich dann im letzten Teil der Reise. Dann werde ich auch einen kleinen Film verlinken, in dem es noch mehr Eindrücke der Stadt zu sehen gibt.