
9. Januar 2013, Belém Wettervorhersage: bewölkt, 30 Grad – ich füge hinzu: Regenschauer und hohe Luftfeuchtigkeit (über 80 %)
Die ersten Vorboten des nahenden Amazonas-Gebietes hatten wir schon am Abend vorher kennengelernt. Schwarz, 4 oder 6 Beine, klein und groß – aber nicht beißend. Ohne Scheu flogen die Tiere über uns hinweg und landeten in einer Seelenruhe auf dem Tisch draußen.
An der Tür hatten wir am Abend vorher einen freundlichen Brief vorgefunden, unseren gebuchten AIDA-Ausflug betreffend. Die Vita wird wegen der Gezeitensituation den äußeren Liegeplatz (Icoaraci) für den Start des Ausfluges nutzen. Es wird getendert und wir fahren danach etwa eine Stunde mit dem Bus, bis wir das Stadtzentrum von erreichen.
Am Ufer
wartet der Bus, mit ihm auch eine wirklich nette Reiseführerin. Sie spricht ein
gutes Deutsch – sie lebt in Deutschland und wenn sie mal in der Heimat ist, um
Urlaub zu machen, ist sie halt Reiseführerin. Welch ein Glück für uns!
Man
sollte, wenn man nach Belém kommt eins tun: mangelnde Sauberkeit auf den Straßen
übersehen, Straßen- und Gebäudesanierung neu erfinden usw. aber: die Stadt ist
trotzdem sehenswert! Gleich am Tenderhafen treffen wir auf einen Fischmarkt. Die Fische sind alle frisch und finden auch Abnehmer.
Im Nachhinein kann ich sagen, wir haben durchweg freundliche Menschen getroffen und haben uns keine Sekunde irgendwie unwohl gefühlt (es wurde in Foren viel über Kriminalität auf dieser Reise geschrieben). Es ist auch klar, dass wir großartigen Schmuck und die beste Armbanduhr nicht mit auf die Kreuzfahrt genommen haben. Wozu auch, der Mensch sollte nicht unbedingt nach seinen Klunkern beurteilt werden an Bord und an Land könnte man damit das Interesse von Kleinkriminellen bestimmt schnell wecken. Muss man ja nicht unbedingt herausfordern, ist mir noch so eingefallen.
Jetzt erst mal was über Belém allgemein: Die Stadt liegt im Norden Brasiliens an der Baia de Guajará, der Mündung des Rio Guamá in den Rio Pará und in der Bucht von Marajó. Belém ist die Hauptstadt des Bundesstaates Pará.
Wörtlich übersetzt heißt Belém – Bethlehem. Aber die Stadt hat auch noch einen Beinamen „Cicade das mangueiras“ (Stadt der Mangobäume). Die Bäume säumen Straßen und Plätze und man kann, wenn die Früchte reif sind, sie pflücken und gleich lustvoll rein beißen. Man muss aber erstmal dran kommen, die Bäume sind schon sehr hoch. Die Stadt liegt genau 1 Grad südlich des Äquators und 145 Kilometer vom Atlantischen Ozean entfernt.
Während der Bus der Stadt entgegen fährt, erzählt sie uns was über das Wetter. Normalerweise sei es etwas wärmer zu der Zeit (ein Glück für uns, dass es nicht so heiß ist). Die Regenzeit ist zwischen Oktober und Mai. Aber dieses Jahr ist alles anders, Schuld sei der Klimawandel. Man kann die Uhr danach stellen, um 14 Uhr regnet es. Wir werden sehen, denke ich. Aber wenn es so ein typischer Regenguss wird, kann man sicher nicht noch in Ruhe seine Regenjacke aus dem Rucksack holen und anziehen. Das könnte kritisch werden. Aber machen wir uns jetzt nicht verrückt, das wird uns nicht umbringen.
Bebaubare Grundstücke in Belém sind knapp geworden, denn die Einwohnerzahl explodierte förmlich. 6 Millionen Einwohner einschließlich der umliegenden Ortschaften, hat Belém inzwischen. Notwendigerweise werden hier auch die hohen Betonklötze gebaut, um der Bevölkerung Wohnraum zu bieten. Gebaut wurde früher eigentlich immer ohne Baugenehmigung, das sieht man den kleinen Häuschen – hier ein Stück angebaut, dort ein wenig drauf gesetzt– irgendwie hält das Haus schon und nach 5 Jahren greift dann das sogenannte „ich darf hier bleiben Recht“. Mein Blick fällt auf einen Marktstand, der gut bestückt ist.
Wir sehen jede Menge Autos, wenig sogenannter „Rostlauben“ und knatternde Linien-Busse des Stadtverkehrs kommen uns entgegen. Tja, mit den Bussen sei es so eine Sache, meinte die Reiseleiterin: es sind private Unternehmen, die diese Busse einsetzen. Die Busse sind meist alt, ohne Klimaanlage und genaue Fahrpläne gäbe es auch nicht. Deshalb gibt es so viele Motorräder und Fahrräder auf den Straßen. Eine Metro ist bisher noch nicht gebaut worden.
An den Straßenrändern sehen wir die Spuren der Umweltsünden. Papier, Kartons, Plastiktüten, alte Reifen, ausrangierte Möbel. Die Leute werfen ihren Müll einfach aus dem Fenster, oder über den Zaun und wir sollten nicht meinen, das wären Leute der niedrigen Einkommensschichten. Nein, das macht dort jeder, obwohl die Müllabfuhr 2 Mal die Woche kommt. Die Menschen entsorgen den Müll, wann sie es für erforderlich halten. Kommt dann mal ein großer Regen, schwimmt der Müll oft wieder zurück auf die Grundstücke; so sei das mit dem Müll. Die Tiere seien jetzt schon so weit, dass sie ihre Nester aus gefundenen Abfallstücken bauen, dies haben Naturforscher inzwischen herausgefunden. Das sind interessante Anmerkungen der Reiseleiterin und so mancher schüttelt den Kopf. Die Strände sollen teilweise auch vermüllt sein.
Zur Industrie erzählt sie uns, es wird Stahl exportiert und Maschinen. Aber Belém ist auch ein Umschlagplatz für Holz. Es gibt private und staatliche Schulen. So ist es auch bei den Universitäten. Bei einer privaten Uni bewerben sich zum Beispiel 500 Personen, 64 werden nur genommen. Der erforderliche Notenschnitt ist sehr hoch angesetzt.
Unser
erster Halt ist das Museum Goeldi. Wir dachten gleich an ein richtiges Museum,
so mit irgendwelchen Ausstellungsstücken, Gemälden usw. Aber mächtig daneben gelegen
haben wir. Das "Museu Paraense Emilio Goeldi" ist ein brasilianisches
Forschungsinstitut und Museum gleichzeitig. Diese Institution erforscht und
analysiert die biologische und soziokulturelle Vielfalt des Amazonasbeckens
(habe ich nachgelesen). In dem wunderschönen Gebäude konnte man was zur
Geschichte dieser Institution (gegründet 1866) lesen und präparierte Tiere
sehen (wie einen schwarzen Panter, der 20 Jahre alt geworden war – im kleinen
Park geboren und gestorben). Es gab dort noch Skelette zu bewundern und dann
ging es schon raus in den Tierpark. Meine ganz ehrliche Meinung: tolle Tiere in
Käfigen eingesperrt.
Hat mich irgendwie betrübt, obwohl ich ja weiß, dass dies
für Forschungszwecke und Arterhalt notwendig ist. Wir sahen Krokodile, Wasserschildkröten,
Papageien, Affen und sogar einen Tukan gab es dort.
Der
Zoologische Garten ist ansonsten schön angelegt, eine kleine grüne Oase in der
Stadt. Neben
Bambus und Palmen war für mich der Seerosenteich ein echter Hingucker. Was für
zarte Blüten auf dem Wasser und die großen Blätter erst mal dazu – traumhafter
Anblick.
Und wenn es mal notwendig sein sollte, die Toilettenbenutzung kostet 1 US-Dollar – dafür bekommt man auch ein Papierhandtuch gereicht. Große Aufregung am Sammelpunkt: Ein Mann unserer Gruppe war verschwunden und tauchte erst später in einem anderen AIDA-Bus auf. Seine Frau war etwas durcheinander und auch richtig sauer auf ihre bessere Hälfte.
Weiter geht die Fahrt durch die Stadt, vorbei am Teatro da Paz (der Mailänder Scala nachempfunden) und an vielen Bauten, die noch den Charme der Kolonialzeit spüren lassen. Es gibt auch noch sehr viel zu tun, alte Bausubstanz zu erhalten. Viele Fronten der Häuser sind mit den portugiesischen Azulejo Kacheln verziert.
Leider
nagt an den Häusern der Zahn der Zeit, denn die Kautschukbarone sind schon
längst nicht mehr da. Bei dem dort herrschenden Klima verwittert alles viel
schneller. Auch wir spüren die hohe Luftfeuchtigkeit, die Kleidung und Haare
kleben schon nach kurzer Zeit am Körper. Irgendwann verschwendet man keinen Gedanken daran, wie man wohl aussieht. Alle schwitzen hier ...
Nächster Halt ist die Basilica de Nazaré, die fast so aussieht wie die St. Pauls-Kirche in Rom. Strahlend weiß steht sie in der Sonne, der Platz davor ist riesig.
Innen
ein echtes Kleinod, farbenprächtige Wandmosaike, ein sehr schöne
Kassettendecke, Säulen mit Gold verziert und ein gewaltiger Altar.
Wir landen an der Markthalle „Mercado Ver-o-Peso“, was wohl so viel zu bedeuten hat, wie „achte auf das Gewicht“. Aber auf wessen Gewicht? Das der verkauften Ware oder was passiert, wenn ich zuviel esse. Ich bin nicht dahinter gekommen. Die vier schmiedeeisernen Türme gelten auch das Wahrzeichen der Stadt. Die eiserne Stützkonstruktion hatte einen weiten Weg vor sich. Sie wurde aus Großbritannien hierher gebracht und 1901 in der Nähe des Hafen aufgebaut.
Dort herrscht ein Stimmenwirrwarr,
brasilianische Musik in voller Lautstärke, es riecht nach gegrilltem Fleisch,
nach Fisch, es wird gegessen und getrunken. Hier roch es stark nach Fisch, denn der Hauptbestandteil dieser Rollen bestand aus getrocknetem Fisch. Also lecker sah es nicht aus, was aber nicht bedeutet, dass es nicht schmeckt.
Frisches Obst und Gemüse werden angeboten. Kräuter, Gewürze und allerhand Elixiere, die für dieses und jenes gut sein sollen.
Unter anderem gab es dort in Flaschen: VIAGRA natural. Dreimal täglich ein Schlückchen solle wahre Wunder bewirken. Skeptische und leicht grinsende Gesichter in unserer Gruppe. Wer Reiseandenken sucht, kann auf diesem Markt fündig werden.
Zu Fuß
laufen wir weiter zur Festung Forte do Castelo oder auch als Forte do Presípio de Belém bekannt, was übersetzt Festung der Krippe von Bethlehem bedeutet. Die Portugiesen haben die Festung 1616 errichtet und zwar aus gestampften Lehm. Sie war der Schutz gegen Piraten aus Holland, den Franzosen und den Engländern und sollte den Zugang zum Amazonas beschützen. Das Bauwerk war nicht für die Ewigkeit bestimmt, den während eines Aufstands wurde es zerstört und die Menschen haben sich diesmal entschieden, auf den Lehm zu verzichten und verwendeten Steine. Somit war das Fort stabiler und standfester. Der Innenhof mit
Kopfsteinpflaster öffnet sich zum Fluss hin und von dort aus kommt man ein
Wehr. Da stehen die alten Kanonen, Zeugen der Vergangenheit. Es gibt in der Festung auch ein archäologisches Museum und eine Bar. Sehr zweckmäßig finde ich, denn hier oben kann man lange verweilen. Man hat einen
schönen Blick auf die VITA. Hübsch sieht sie aus mit dem roten Kussmund und einige Einheimische bleiben stehen und schauen auch zu ihr rüber. Jeden Tag sehen sie so ein Schiff nicht hier am dem Fluss liegen.
Anschließend
wollen wir noch einen kurzen Abstecher zum kleinen Bootshafen machen und es ist
kurz vor 14 Uhr. Tärääätäräääääääää, es platscht vom Himmel. Innerhalb von
Minuten laufen die fast 30 cm tiefen Straßenrinnen über, wir stehen in
Dreierreihen dicht an eine Hauswand gequetscht.
Es tropft von meiner Kapuze auf meine Schuhe. Der Anorak ist zu kurz, die Hose nass und die Schuhe sowieso. Auch meinen Mann hat es voll erwischt, die Hose ist gut feucht. Und die Schuhe, wir haben etwas vorgesorgt und Schuhe angezogen, die etwas Wasser ab können.
Aber
der Regen ist warm. Gegenüber ist eine große Bühne aufgebaut, flotte Musik
dringt zu uns rüber. Junge Leute tanzen im Regen und im Wasser, barfuß, in
kurzen Hosen und Bikinioberteil – da kommt Lebensfreude rüber. Der Regen lässt
nach, wir ziehen weiter zum Hafen, wo die kleinen Boote liegen. Aber halt, vor diesem Gemälde bleiben nun alle stehen und wollen ein Foto machen, so unsere Freunde auch.
Über den weiteren Verlauf des Tages berichte ich im nächsten Teil.