
23. September 2025 – Kotor
5.20 Uhr – ich wurde wach. Ein Blick durch die Balkontür: alles dunkel – ich sah nur eine Laternenkette am Ufer. Eine dem Fjordufer folgende Straße. Viel gab es nicht zu sehen. Also noch einmal in die Koje und weiterratzen. Endgültig wach wurde ich ca. 6.45 Uhr. Alles war ruhig – das Schiff bewegte sich nicht mehr. Mein Schiff 2 lag kurz vor dem Ende des südlichen Fjordes Europas, der Bucht von Kotor, auf Reede. Das musste ich mir intensiver anschauen – also auf nach ganz oben.
Unser Schiff lag auf der Höhe des kleinen Orts Prčanj – direkt gegenüber von der katholischen Mariä-Geburt-Kirche und der orthodoxen Kirche St. Nikolaus mit angeschlossenem Kloster. Die Felsen auf der Backbordseite verschwanden weitgehend in den Wäldern. Mittendrin ein weiteres Kirchlein. Oder ein Kloster? Die Bergrücken auf der anderen Buchseite waren kaum bewaldet; graue Felsen herrschten vor. Hinter uns der Eingang der Bucht mit dem in der Sonne liegenden Örtchen Ljuta und den gegenüber liegenden Hotelanlagen.
Während des Frühstücks zog die Azamara Onward an uns vorbei. Sie hatte sich bestimmt die Pole-Position in Kotor ergattert. Aber für uns sollte das egal sein, denn eine Tenderfahrt in einer ruhigen Bucht ist nicht nur schön sondern auch interessant. Wir „kletterten“ kurz nach 10 Uhr in das Boot und hatten das große Glück, von einem offenen Ausflugsboot abgeholt zu werden, in dem man sich frei bewegen konnte. Kein Wunder, dass eins der Hauptfotomotive unseres Mein Schiff 2 wurde.
Einfach gigantisch, wie die steilen Berge die Bucht und damit auch unser Schiff umschlossen. Unsere Fahrt zum Anleger dauerte ca. 20 – 25 Minuten. In dieser Zeit konnten wir die montenegrinische Fjordküste genießen. Zunächst passierten wir Prčanj mit der Mariä-Geburt-Kirche.
Nach kurzer Zeit tauchten die Ausläufer von Kotor auf. Häuserzeilen inmitten grüner Vegetation, geschützt von den hohen Bergen, die einen gewissen Barriere vor der Bora, einem starken böigen, in der Adriaregion auftretenden Fallwind, bieten. Die Bora sollte uns an einigen Folgetagen beschäftigen …
Doch zurück zu dem vor uns liegenden Kotor. Im Ortsteil Dobrata fuhren wir an der malerisch ein wenig höher gelegenen St.-Eustachius-Kirche vorbei; ein Katamaran machte sich bereit für eine Ausflugsfahrt.
Und schon legten wir an. Nach wenigen Minuten standen wir vor der Altstadt Stari Grad. Bzw. vor der Stadtmauer mit dem Hauptzugang, dem Hafentor.
Es stammt aus dem 16. Jahrhundert und weist venezianische Einflüsse auf. Kein Wunder, denn Kotor und Umgebung standen mehrmals unter der Fuchtel Venedigs.
Dieser Tag gehörte wieder der Kultur. Gefühlt besuchten wir jede der kreuz und quer durch die Altstadt führenden Straßen und Gassen. Schon die ersten Eindrücke bestätigten, dass dieser Ort zu Recht als UNESCO-Weltkultur- und Naturerbe gilt. Verwinkelte Gassen und Plätze. Alte, meist sehr gut gepflegte Häuser in unterschiedlichen Baustilen. Für die Größe des Ortes unzählige, verschiedenen Glaubensrichtungen angehörige Kirchen. Umringt von einer Stadtmauer. Für die Optik dahinter die beeindruckenden, bis zu 1894 Meter hohen Orjen- und Lovćengebirge.
Nun aber hinein ins Vergnügen. Ja, Vergnügen, denn noch war es recht früh und die Touristenwogen hatten die Altstadt noch nicht überschwemmt. Das sollte noch kommen … verdenken kann man es den Besuchern nicht. Schließlich ist Kotor als DAS Juwel Montenegros bekannt.
Wir gingen durch das Hafentor und standen direkt vor einem der Wahrzeichen der Stadt,
dem Uhrturm. Baubeginn im damaligen modernen Renaissance-Stil war Anfang des 17. Jahrhunderts während der venezianischen Herrschaft. Auf die damaligen Herrscher weist ein unter dem Zifferblatt angebrachter Giebel mit dem (venezianischen) Löwen des Heiligen Markus hin. In den meisten Fällen tragen Uhrtürme nur ein Zifferblatt – im Gegensatz dazu befindet sich an jeder Seite des Turms jeweils ein identisches Zifferblatt, so dass die aus allen Richtungen strömenden Kotorer oder auch Besucher wissen, was die Stunde beschlagen hat. Übrigens war der Turm vor dem 1667er Erdbebens nicht fertiggestellt; aufgrund des Bebens war neigte sich der Turm. In den Folgejahren versuchte man, ihn wieder in die Senkrechte zu bringen – ohne Erfolg. Bis die Erde im Jahre 1979 bebte und der Turm dadurch wieder in die Senkrechte kam. Man muss nur Geduld aufbringen …
Der Uhrturm stand am Rande des Platzes der Waffen – auch aufgrund des Turms sehen die Einwohner der Stadt ihn als Hauptplatz.
Gesäumt von Restaurants und Geschäften war er bei unserem ersten Besuch recht übersichtlich, da die Touristenmeute sich noch zurückgehalten hatte.
Von hier aus bekamen wir einen ersten Geschmack von den verwinkelten und absolut sauber gehaltenen Gassen.
Hier konnte man es aushalten, auch wenn sich hier aufgrund der Nähe zum Haupteingang der Altstadt sich vornehmlich Touristentempel befanden. Nur nicht aufhalten lassen … und wir schauten uns lieber länger den Pima – Palast an.
Im 17. Jahrhundert übten sich an ihm die Baumeister und die Bauherren, die nicht gerade mittellose Familie Pima, in Renaissance und Barock. Er steht inmitten von mehrstöckigen Bürgerhäusern auf dem Mehlplatz. Von der Bezeichnung her wurde auf ihm und um ihm herum Mehl verkauft. So verwundert es nicht, dass andere Plätze Namen wie z.B. Salatplatz tragen. Wer genau hinschaute, erkennt über dem Eingang, der aktuell zu einer Galerie führt, das von zwei Engeln getragene Wappen der Familie Pima.
Weiter ging´s durch die sich langsam belebenden Gassen. Sie luden uns zum Bummeln ein, waren zwar eng, doch oftmals war Platz für Tische und Stühle von Cafés und Restaurants. So ganz anders als bei unserem mit oftmals unsinnigen Vorschriften gespickten Zuhause. Nicht steril, einfach gemütlich, was auch unsere Blicke in die ansteigenden Nebengassen bestätigte.
Schon wieder ein harmonisch wirkender Platz mit einer auffallenden Kirche.
Die Sankt-Tryphon-Kathedrale, vor deren Portal sich sehr viele Besucher aufhielten. Es handelt sich um die katholische Kathedrale des Bistums Kotor. Sie wurde ab Anfang des 12. Jahrhunderts auf einer aus dem neunten Jahrhundert stammenden Kirche errichtet und gilt als größtes romanisches Gotteshaus der östlichen Adriaküste. In ihr kann man wertvolle Kunstsammlungen wie Gemälde, Ikone, Gold- und Silberschmiedearbeiten besichtigen. Wir ließen uns dazu nicht verlocken und schlenderten – vorbei am schräg gegenüber liegenden Drago Palast –
lieber weiter. Kurz zum Drago Palast. Die Familie Drago hatte damals – und zwar vom 13. bis 18. Jahrhundert – nicht nur in Kotor viel zu sagen, sie war auch nicht arm. Ein Zeichen dafür ist dieses nette kleine Häuschen, das nach dem katastrophalen Erdbeben von 1667 wieder aufgebaut wurde.
Wir trennten uns vom Kathedralenplatz und schlichen weiter durch das Gassengewirr, in dem wir immer wieder verlockende Winkel mit Restaurants entdeckten.
Hatten wir Angst, uns zu verlaufen? Nein, auch wenn wir ab und zu nicht wussten, wo wir uns genau befanden, waren wir sicher, dass wir unser nächstes Ziel, die Stadtmauer erreichen würden. Schließlich hat die dreieckigförmige Altstadt eine Fläche von nur geschätzt 1 km².
Schon wieder ein Platz mit einem Restaurant.
Ein Restaurant? Nein, drei auf einmal auf einigermaßen engem Raum. Was wird hier in eine bis zwei Stunden los sein. Wir genossen die noch bestehende Ruhe und erfreuten uns an der einfallsreichen Dekoration eines Cafés. Oder war es eine Bar? Egal – Hauptsache attraktiv.
Kotor war für uns bisher sehr abwechslungsreich. Und nun standen wir vor dem nächsten Hingucker – vor The Nitrox Pub.
Eine Taucherkneipe auf kleinstem Raum. Häh … Taucherkneipe? Richtig – zwei Taucher mit einem Faible für Rockmusik, Cocktails und Craft-Biere sind die Inhaber und verwöhnen gerne Gleichgesinnte mit vier Sorten Craft-Bier sowie Guinness vom Fass, mehr als 60 Craft-Biere aus Flaschen und Dosen sowie mehr als 230 verschiedenen Cocktails. Beeindruckend? Ja und dann mal Prost …
Wir schlugen nicht zu. Ein Grund, dass wir nur wenige Minuten später den Zugang zur Stadtmauer fanden? Möglich …
Der Treppenaufgang befand sich in unmittelbarer Nähe des Südtors, eins von drei „Durchbrüchen“ der Stadtmauer. Sie ist insgesamt 4,5 km lang und umschlingt die Altstadt. Außerdem umfasst sie einen Teil des Hausberges San Giovanni bis zu einer Höhe von 260 m. Im 9. Jahrhundert wurde der Bau begonnen und im 15. Jahrhundert in der heutigen Ausdehnung fertig gestellt. Ein Teil dieser Verteidigungsanlage steht Besuchern offen. Also auch uns und wir bereuten nicht, diese Runde zu drehen.
Ganz schön mächtig … die Stadtmauer ist bis zu 20 m hoch und zwischen 2 bis 15 m dick. Der Weg ist einfach zu begehen. An einigen Stellen wird es eng – aber das sollte keine Probleme bedeuten. Die Ausblicke von oben sind lohnenswert. Wir schauten über die Dächer und in Innenhöfe der Einheimischen – Letzteres aber nur kurz. Und dann der Hafen, in dem die Azamara Onward angetäut lag.
Foto 19Mit einem leichten Grinsen ein Blick nach unten. Der für Kotor in den Hauptsaisonzeiten übliche Stau - wir waren schneller als die Autos, auch wenn wir nur sehr langsam spazierten …
Foto 20Warum sehr langsam? Wir genossen die Ausblicke – hier u.a. auf die Sankt-Tryphon-Kathedrale. Außerdem wurde es richtig warm. Schatten gab es bei dem Mauerrundgang so gut wie nie. Und wenn Schattenteile in Sicht waren, wurden wir schneller!
Fortsetzung folgt ...