Logbuch VI: Olden – Das „Tor zu den Gletschern“ ☼ Gefrorenes Wasser, türkisfarbene Seen & tosende Bäche: Mein Eisriesen-Rendezvous ☼ Die Vielfalt des „kleinen Glücks am Wegesrand“ ☼ Gegenverkehr am gähnenden Abgrund ☼ Fortsetzung

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Kabinenkategorie
Balkonkabine
Kabinennummer
7.131
Reisedatum von
4. August 2018
Reisedatum bis
11. August 2018

Hier zwischen "Stock und Stein" gibt es jede Menge zu entdecken - die kleinen Dinge, die sich ein Stück Lebensraum unter schwierigen Bedingungen erobert haben. An den geschützten Hängen des Talkessels sind die Bäume höher. Hier inmitten dieser "Geröllwüste" klammern sich zwar etliche, aber dafür arg "gebeutelte" Bäumchen an das wenige, was sie hier zum Wurzeln finden. Überwiegend sind es Birken mit verkrüppelten und bemoosten Stämmchen, die es hier "wie Sand am Meer" gibt. Dazwischen aber auch immer wieder kleine Pflänzchen mit bunten Blüten oder leuchtenden Beeren, auch mal ein kleiner Pilz, Heide, Moose, Flechten.


Seht selbst:





Schnell geht die Zeit auch hier wieder einmal vorbei. Viel zu schnell, denn gern hätte ich mein "Eisriesen-Rendezvous" noch etwas ausgedehnt. Doch leider müssen wir langsam zurück zum Bus. Die meisten Gäste der Gruppe sind schon außer Sichtweite und irgendwo zwischen der Vegetation verschwunden.


So mache auch ich mich auf den Rückweg, kehre dem Gletscher meinen Rücken zu und sage mir, dass leider nun schon wieder ein Teil meiner Reise vorbei ist, denn auch dieser Ausflug neigt sich seinem Ende entgegen. Auf dem bequemen Weg, der sich auch gut für Menschen eignet, die vielleicht nicht so gut zu Fuß unterwegs sind, bummele ich zurück zum Parkplatz.

Richtet man den Blick nicht nur auf die umgebenden Bergriesen, Gletschereis und tosende Wasserfälle, so findet man auch direkt am Weg schöne Fotomotive …


Es rauscht und tost nunmehr wieder gewaltig, denn auf der anderen Seite des tosenden Flusses stürzen etliche Wasserfälle zu Tal:


Am Parkplatz angekommen, ist unser Bus gar nicht da. Oh je, wurden wir von unserem Fahrer etwa in dieser Wildnis ausgesetzt?! ;) Also vertreiben wir uns die Zeit damit, noch einen nach dem Geschmack des jeweiligen Betrachters perfekten Stein für die heimische Sammlung zu finden und noch ein paar Fotos zu schießen.


Fotogen präsentiert sich dieser von einem unbekannten Besucher errichtete und den Gesetzen der Schwerkraft scheinbar trotzende kunstvolle Steinturm vor dem tosenden Fluss voll schäumendem türkisfarbenem Wasser und drei der vielen ins Lodalen stürzenden Wasserfällen perfekt in Szene. So viel Arbeit muss belohnt werden: Ich nehme ihn mit nach Hause - als Fotomotiv:

Man muss sich wundern, doch hier, mitten in der "Pampa" gibt es einen Wagen mit mehreren Toiletten. Solchen Anlagen stehe ich immer sehr skeptisch gegenüber, man hatte ja schon so verschiedene Erlebnisse mit derlei Art "stiller Örtchen". Doch nachdem die ersten Gäste bestätigen, dass es hier total sauber zugeht, entscheide ich mich, dass es nicht schaden könne, mich persönlich von der Sauberkeit zu überzeugen. Und tatsächlich … Daumen hoch!


Schließlich kommt unser Bus wieder angerollt, wir steigen ein und es geht - zunächst über die schmale Brücke - danach auf spektakulärer Strecke zurück in Richtung Olden. Ein letzter Blick auf den Kjenndalsbreen. Mach´s gut, Gletscher! Wenn ich dich eines Tages mal wieder besuche, hast du dein eiskaltes Antlitz sicherlich verändert. Und ich befürchte, die Veränderung wird dramatisch sein … Gedanken, die mich trotz der Schönheit dieser Landschaft an diesem Tag auch sehr nachdenklich machen …

Durch ein wildromantisches Tal geht es auf schmalen Straßen zunächst wieder bis zum Lovatnet. Ab da fahren wir steil bergauf. Es ist sehr steil. Die Straße ist extrem eng und der Abgrund neben der schmalen Straßenbegrenzung seeeehr tief. Mein lieber Mann! Da war die gestrige Serpentinenfahrt auf der Stalheimstraße ja die reinste Erholung!


Und dann ist da plötzlich ein Bus. Auf Gegenkurs! In einer Kurve! Tja, und nun?! Norwegische Busfahrer sind extrem umsichtig. Der Fahrer des bergan fahrenden Busses rollt langsam rückwärts. Das ist natürlich erst möglich, als sich die hinter ihm fahrenden PKWs ebenfalls rückwärts bewegt haben. Irgendwann kommt eine Ausbuchtung und in wahrer Millimeterarbeit und mit eingeklappten Außenspiegeln bewegen wir uns im Schneckentempo aneinander vorbei. Ich glaube, jeder im Bus hält in diesen Momenten mehr als einmal die Luft an.

Die Fahrer beider Busse meistern die Situation souverän. Zum Glück hatten wir auf unserer Seite einen steilen Hang und nicht den Abgrund. Obwohl … Das kann unter Umständen ebenfalls fatal sein. Es kann durchaus passieren, dass mal der eine oder andere kleinere Felsbrocken sich auf den Weg nach unten macht.


Jedenfalls honorieren wir dieses Erlebnis der besonderen Art mit herzlichem Beifall. Unser Fahrer freut sich sichtlich und wischt sich mit einer bewusst übertriebenen theatralischen Geste über die Stirn. Ich bin sicher: Kein einziges Schweißtröpfchen befand sich dort. Wie ich gestern schon schrieb, kennen norwegische Busfahrer solche Situationen zur Genüge und werden während ihrer Ausbildung regelrecht auf das richtige Verhalten in solchen Situationen getrimmt.


Für diesen "Nervenkitzel par excellence" werden wir mit einem unglaublichen Panoramablick auf den sich rund 70 Meter unter uns erstreckenden Lovatnet belohnt. Von hier oben aus kommt die türkise Farbe noch viel besser zur Geltung. Außerdem verdeutlichen sich die Dimensionen der vom Ramnefjell vor Jahrzehnten abgestürzten Felsbrocken auf dramatische Weise.

Das Ganze wirkt noch unglaublicher, wenn man bedenkt, dass wir uns in genau der Höhe befinden, bis zu der der gewaltige Tsunami von 1936 reichte. Durch die Strömungsverhältnisse in der Engstelle, die den Lovatnet in nahezu zwei Hälften teilt, bildet das Wasser unterschiedliche Farben aus:

Den Opfern der beiden Naturkatastrophen gewidmet …

"Unser" Bötchen - die "Kjenndal II" - mit der auch wir heute früh genau dort unten entlang "schipperten" … Die großen und kleinen mehr oder weniger weit aus dem Lovatnet herausschauenden Felsbrocken wirken, als hätten Riesen mit Murmeln gespielt, plötzlich keine Lust mehr auf ihr Spiel gehabt und sie einfach irgendwo in der Gegend herumliegen lassen … Die Gewalt der Natur …

An einem Aussichtspunkt, der gleichzeitig auch eine Gedenkstelle für die Opfer der Felsrutsche von 1905 und 1936 ist, halten wir für einen Augenblick an. Und auch inne … So eine friedlich-schöne Landschaft … Und so viel Leid vor vielen Jahrzehnten … Von den 135 Menschen, die damals ihr Leben verloren, wurden nur 42 von ihnen jemals gefunden. Für alle anderen wurde der wunderschöne türkisfarbene Lovatnet zum nassen Grab. 300 Meter hoch ist der Eiffelturm in Paris. Eine Gesamthöhe von 300 Metern hatten auch die vom Ramnefjell herabgestürzten Felsmassen.

Wir fahren wieder an Loen vorbei. Hoch über uns klammert sich die futuristisch wirkende Bergstation des "Loen Skylift" an die senkrecht abfallenden Felsen.


Kurz darauf erreichen wir gegen 13 Uhr wieder Olden. Im Faleidfjord ist inzwischen die "Columbus" vor Anker gegangen. Sie stößt eine unglaubliche Qualmwolke aus.

Zurück am Schiff. Mein "Eisriesen-Rendezvous" ist zu Ende. So sehr ich mich darauf gefreut habe, so schnell ist der Halbtagsausflug auch schon wieder vorbei. Als Fazit dieser Reise werde ich in wenigen Tagen sagen können, dass die Tour zum Kjenndal-Gletscher zu den Highlights meiner Reise gehört.


Überall am Anleger stehen in regelmäßigen Abständen große blaue Blumenkübel, hübsch bepflanzt mit Kalanchoes, welche leuchtend in orange und pink blühen. In jedem der Kübel steckt eine norwegische Flagge. Nur ein kleines Detail, jedoch ein schönes.


Bevor ich noch einmal losziehe, um in den verbleibenden Stunden unseres Aufenthaltes das kleine Örtchen Olden noch ein wenig zu erkunden, zieht mich ein leichtes Hungergefühl zunächst an Bord. Wenn´s beim Essen mal etwas schneller gehen muss, wähle ich die "Pizzeria Mare", so auch heute. Dort schmeckt es lecker und es geht relativ ruhig zu, da viele Gäste noch unterwegs sind.


Auf meinem Balkon schreibe ich die letzten Postkarten, um sie nachher in einen Briefkasten zu stecken, den ich vorhin am Anleger entdeckt hatte.


Für norwegische Verhältnisse sind die Temperaturen außerhalb des Schiffsinneren - sprich, die Außentemperaturen - relativ hoch, so dass ich mir noch schnell etwas Dünneres anziehe und am frühen Nachmittag nochmal losziehe. Zunächst füttere ich den hungrigen, roten Briefkasten, um anschließend im Souvenir-Shop mein Portemonnaie etwas zu entlasten. Ich habe einen leichten türkis-weißen Schal mit nordischen Motiven entdeckt, den ich mir als Erinnerung gern mitnehme.


Unweit des Anlegers hat man die Möglichkeit, direkt ans Fjordufer zu treten, auch wenn die Steine etwas rutschig sind. Doch der Blick aus dieser Perspektive auf unsere Luna ist wirklich toll. Ein kleines, gelbes Tenderboot zieht eine gemächliche Runde. Vielleicht wurde die Nummer 13 wieder repariert und nun zu Testzwecken zu Wasser gelassen?!

Fortsetzung folgt …

"Travelling - it leaves you speechless, then turns you into a storyteller" (Ibn Battuta)

Kommentare 15

  • Vielen Dank liebe Meerelfe fürs Mitnehmen auf deinen wunderschönen Ausflug. Durch deine Schilderungen und die tollen Fotos hat man das Gefühl dabei gewesen zu sein. LG Gaby

  • Meerelfe, mit Deinen wunderbaren Reiseberichten, untermalt mit den schönen Fotos, machst Du mir wieder Lust auf Norwegen , Danke

    • Danke dir, @Flower-04!


      Ja, es stimmt. Ich könnte auch schon wieder hinfahren. Hat man sich erst einmal in das Land verliebt, dann möchte man immer wieder dorthin zurück.


      Einen schönen Abend und viele Grüße, Meerelfe :)

    • Danke Meerelfe, ja Norwegen ist einfach ein wunderschönes Land


      Ich freue mich auf weitere Berichte von Dir, ich liebe diese Reise Blogs :)


      Aufgrund Deines Berichtes über diesen Ausflug im Hafen von Olden habe ich mir jetzt mal evtl Touren notiert :)


      Habe auch noch eine schöne Restwoche


      LG Jana

    • Ja, mich begeistert diese Möglichkeit ebenso, hier ausführlich über seine Erlebnisse berichten und somit anderen Reisenden Tipps und Denkanstöße für die eigene Reiseplanung geben zu können. Genau das ist doch auch der Sinne von solchen Berichten.


      Und wenn ich dann hier lese, dass andere Reisende durch meine Schilderungen inspiriert werden, den einen oder anderen Ausflug (oder vielleicht die ganze Reise) auch einmal zu machen, dann freut mich das außerordentlich, denn es ist eine wirklich tolle Wertschätzung.


      Nachher geht es weiter mit meinen Erlebnissen. Dann erkunde ich Olden "per pedes".


      Viele Grüße, Meerelfe :)

  • Es ist unglaublich, was die Natur im hohen Norden in der Nähe des Fußes eines Gletschers "leistet". Eine Blütenpracht - so wie man sie nicht in diesen "Breiten" erwartet. Und wenn man wie Du noch das richtige Auge dafür hat - umso schöner!

    Tja, die Fahrkünste und die Ruhe der norwegischen Ausflugsbusfahrer. Wir haben es auch erlebt - unglaublich! Für Gerd: Fahr mal über die "irischen Autobahnen" … Gut, dort geht es im Regelfall nicht links hoch und rechts runter. Außer am O´Connor - Pass. Links von mir gings steil runter … Aber das nur nebenbei …

    Vielen lieben Dank, Meerelfe, für die Berichtsfortsetzung und allen einen schönen Maifeiertag

    Achim

    • Danke, lieber @joachimmeertal!


      Ja, das Auge auch mal nicht nur auf die "großen" Sehenswürdigkeiten zu richten, kann sich wirklich lohnen. Das "Einfangen" der kleinen Dinge in der Natur gehört für mich auf einer Reise auch dazu. Aber wem schreibe ich das?! ;)


      Auch dir einen schönen Start in den Wonnemonat und liebe Grüße, Meerelfe

  • Klasse, so eine einbahnige Strasse, die aber nicht wirklich als Einbahnstrasse gekennzeichnet ist.

    Meerelfe, dass war doch ein extra Höhepunkt, den du aus deiner Pole Position im Bus gut verfolgen konntest.

    Es wird immer deutlicher, dorthin sollte man auch mal fahren, gern auch mit einem Bus aus der Gegenrichtung...

    Vielen Dank für deinen Bericht
    Gruss Gerd

    • Hallo, lieber @Kreuzfahrergerd!


      Ja, das war wirklich eine besondere "Würze" unseres Ausflugs. Ganz so in der Pole Position saß ich gar nicht, es war nicht die erste Reihe. Ich hatte dann nur den Reiseleiter gefragt, ob ich für ein Foto kurz aufstehen dürfe. Dem hat er zugestimmt. War schon ein wenig "Nervenkitzel" Aber da vertraue ich den norwegischen Busfahrern.


      Fahrt dort unbedingt mal hin, es ist überwältigend schön, wie ihr auch noch aus meinen weiteren Berichten lesen werdet.


      Einen schönen 1. Mai und liebe Grüße, Meerelfe :)

  • Dankeschön für deine letzten Berichte. Dass war gestern ein sehr angenehmer Zeitvertreib auf der Zugfahrt zurück von Warnemünde.

    An der Diva nagt unübersehbar der Zahn der Zeit. Deine Grüsse habe ich ihr natürlich ausgerichtet.

    • Das ist lieb, danke dir@Prassat.


      Vielleicht ist ja durch das Lesen meiner Berichte der Abschied von deiner Kussmundschiffreise nicht ganz so schwer gefallen?!


      Ein gutes "gedankliches Ankommen" zu Hause wünsche ich dir. Das ist oft nicht so leicht, auch wenn es nur ein paar Tage waren.


      Heute Abend geht es hier weiter mit meinem Bericht. Ich habe noch ganz viel erlebt, an dem ich euch gern teilhaben lasse.


      Einen schönen Mai-Feiertag und viele Grüße, Meerelfe :)

    • Danke dir.

      So schwer ist der Abschied diesmal nicht gefallen. Ich "muss" ja in 5 Wochen schon wieder nach Warnemünde.

    • Oh je, immer diese "Zwänge" ... ;)

    • Ich bin überrascht, wie schön auch diese (leider viel zu kurze) Norwegentour ist. Als ich sie im Katalog sah, hat sie mich nicht so sehr angesprochen, wie einige andere Nordlandreisen, offensichtlich ein Fehler ;)


      Aber die Bilder sprechen für sich. Also doch einmal einplanen, aber im Juni muss ich jetzt erst einmal nach Spitzbergen.

    • Auf jeden Fall, @Ponny. Ich hatte sie damals aus zwei Gründen gebucht: Sie war für mich als Alleinreisende einigermaßen erschwinglich und weil ich die Häfen Flam und Olden noch nicht kannte.


      Im Nachhinein kann ich sagen: Es war eine goldrichtige Entscheidung.


      Ich kann dir diese Strecke wirklich wärmstens empfehlen. Dennoch denke ich, dass deine Spitzbergen-Reise das Ganze sicherlich noch toppen wird. ;)


      Viele Grüße und schönen Sonntag!

      Meerelfe